Tiroler LKW-Fahrverbote
Heute Vormittag organisierte Uniontrasporti, die In-House-Gesellschaft der italienischen Handelskammern für Verkehrs- und Infrastrukturfragen, in der Handelskammer Bozen eine Pressekonferenz. Dabei wurden eine Studie zu den Auswirkungen der Tiroler Fahrverbote auf die italienische Wirtschaft und ein Rechtsgutachten zu den EU-Finanzierungen der Rollenden Landstraße (RoLa) auf der Strecke Wörgl – Brennersee vorgestellt.
Das Bundesland Tirol hat über die Jahre verschiedenste Maßnahmen gegen den Straßengüterverkehr erlassen, so zum Beispiel das Nachtfahrverbot, die doppelte Nachtmaut, das sektorale Fahrverbot und die Blockabfertigung. Dabei zielen die Maßnahmen vor allem auf den Transitverkehr ab. Einem neuen EURO6 LKW, der von Bozen nach München unterwegs ist, ist es untersagt, in den Nachtstunden durch Tirol zu fahren. Ein LKW mit Ziel- oder Quellverkehr in Tirol, der von Brennersee (A) nach München unterwegs ist, darf ohne jegliche Einschränkung fahren.
Sigma NL, ein Forschungsinstitut der Universität Genua, hat nun im Auftrag von Uniontrasporti und der Handelskammern von Trient und Bozen untersucht, wie sich die Tiroler Maßnahmen auf die italienische Wirtschaft auswirken. Das Ergebnis: Die Fahrverbote kosten der italienischen Wirtschaft jährlich über 250 Millionen Euro.
„Die Tiroler LKW-Fahrverbote sind EU-rechtswidrig und gefährden den freien Warenverkehr im europäischen Binnenmarkt. Die EU-Kommission muss aktiv werden“, so der EU-Abgeordnete aus Verona Paolo Borchia.
Ivo Blandina, Präsident von Uniontrasporti, ergänzt: „Der Schaden für die italienische Wirtschaft ist enorm, daher ist es von großer Bedeutung, den mittlerweile zumindest seit 2020 illegalen Maßnahmen Tirols ein Ende zu setzen. Uniontrasporti setzt sich seit langem für alternative Maßnahmen ein, um den Verkehrsfluss des Brennerkorridors zu verbessern, wie etwa dynamische Geschwindigkeitsbegrenzungen für PKWs auf dem gesamten Korridor und variable Mautgebühren für bestimmte Zeitfenster und Euro-Emissionsklassen.“
Tatsächlich umfasst die Strecke Brenner – Wörgl nur 67 km Luftlinie bzw. 90 km, wenn man den Straßenverlauf misst. Für die kurze Bahnstrecke werden wertvolle Trassen in Anspruch genommen, die nicht für Güterfernzüge, zum Beispiel von Verona nach Hamburg, zur Verfügung stehen. Außerdem wird die RoLa auf dieser Strecke massiv subventioniert und es gibt erhebliche Zweifel an der Legitimität dieser Subventionen.
EU-Rechtsexperte Peter Hilpold, Professor an der Universität Innsbruck, hat die Beihilfen für die RoLa auf der Strecke Wörgl – Brennersee analysiert und ist zum Schluss gekommen, dass es erhebliche Bedenken an ihrer Rechtmäßigkeit gibt. Zum einen ist es fraglich, ob es sich bei einer solch kurzen Strecke überhaupt um einen kombinierten Verkehr im Sinne des EU-Rechts handelt, zum anderem fehlt jeglicher Nachweis, dass die Beihilfen tatsächlich zu einer nachhaltigen Verkehrsverlagerung auf die Schiene geführt haben.
„Wir sind ausdrücklich für die Verlagerung eines Teils des Verkehrs von der Straße auf die Schiene. Allerdings muss dies auch ökonomisch Sinn ergeben. Die RoLa sollte ausschließlich auf längeren Strecken, zum Beispiel von München nach Verona und umgekehrt sowie vorerst zumindest auf der Strecke Wörgl – Trient betrieben werden. Die Strecke Wörgl – Brennersee ist keine brauchbare Alternative zur Straße, sondern lediglich ein politisches Konstrukt, welches seine Daseinsberechtigung einzig in den Fahrverboten hat“, erklären die Präsidenten der Handelskammern von Trient und Bozen, Giovanni Bort und Michl Ebner.
Für weitere Informationen Ansprechpartner Alfred Aberer, Tel. 0471 945 615, E-Mail: alfred.aberer@handelskammer.bz.it.