Zwischen Holz und Kunst
Thomas Delazer, Valeria Stuflesser, Samuel Moroder und Gebhard Piccolruaz berichten anlässlich des Jubiläums „55 Jahre Schutzmarke“ über ihre Ideen und Ansätze in der Holzbildhauerei. Jede Lebensphase bringt eine einzigartige Vision mit sich und zeigt, wie persönliche Erfahrungen und der Lauf der Zeit die künstlerische Interpretation und Herangehensweise formen und verändern können.
Wie fühlt es sich an, wenn man sich als junger Holzbildhauer dieser Welt nähert?
Thomas Delazer (28 Jahre): Zunächst ist das vorherrschende Gefühl Unsicherheit, gemischt mit Angst. Ungewissheit, weil es Fragen aufwirft, wenn man einen Beruf ergreift, in dem es nur wenige junge Menschen gibt. Angst, weil die Lehrzeit eine Lotterie ist, mit allem, was es an Zeit- und Geldinvestitionen mit sich bringt. Aber wenn man seine Ängste überwunden hat, braucht man Leidenschaft und Mut, um diesen Beruf zu ergreifen. Leidenschaft für das Holz und für das, was dieses Material einem auf einer greifbaren Ebene geben kann, also in Form von konkreten Ergebnissen, und auf einer nicht greifbaren Ebene, d. h. in Form von persönlichem Wachstum (ich zum Beispiel habe entdeckt, dass ich sehr entschlossen sein kann). Die Leidenschaft fördert den Mut, gegen den Strom zu schwimmen und sich zu trauen, denn die Ergebnisse werden mit Sicherheit kommen. Jahre später kann ich sagen, dass ich mit meiner Wahl wirklich zufrieden bin und ich danke meinen Lehrmeistern Filip Piccolruaz und Diego Kostner dafür, dass sie mir nicht nur die Technik, sondern auch und vor allem die Hingabe zu dem, was ich tue, vermittelt haben.
Welches Erlebnis hat Ihre künstlerische Ausbildung am stärksten beeinflusst?
Valeria Stuflesser (28 Jahre): Ich würde sagen, dass ich aus einer Bildhauerfamilie komme und meine gesamte Kindheit dahingehend geprägt war. Als ich dann 2019 an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg studierte, hatte ich die Möglichkeit, ein Semester in Ecuador zu absolvieren. Zu dieser Zeit fanden dort beeindruckende Proteste und Rebellionen gegen das Regime statt. In diesem Kontext begegnete ich der Kunst mit sehr starken sozialen Rückschlüssen, fast so, als wäre sie ein Werkzeug, mit dem man versucht, nicht nur ein ästhetisches Element, sondern den Status quo zu verändern. Diese Erfahrung war für mich ein Wendepunkt, der meinem Weg definitiv eine Richtung gab. Mit meinen Skulpturen erzähle ich Geschichten, indem ich aktuelle Themen aufgreife und eine figurative Sprache mit abstrakten und futuristischen Zügen verwende.
Beeinflusst die Schutzmarke „ENTIRELY HAND CARVED“ in den Augen des Käufers den Wert des Kunstwerks?
Samuel Moroder (47 Jahre): Ja, auf jeden Fall. Übrigens ändert sich die Wahrnehmung je nach Kundensegment. In der Regel schätzen die bayerischen und generell die deutschen Kunden, für die ich verschiedene Aufträge ausführe, die Schutzmarke ENTIRELY HAND CARVED, weil sie die handwerkliche Holzarbeit von der rein industriellen Produktion im Tal unterscheidet. Wenn mich hingegen italienische Kunden mit der Anfertigung einer Statue für eine Kirche beauftragen, gehen sie bereits davon aus, dass ich die Arbeit von Hand ausführe. In diesem Sinne verleiht die Schutzmarke einen zusätzlichen Wert für die Einzigartigkeit.
Wie sehen Sie die Zukunft der traditionellen Bildhauerei, insbesondere im Hinblick auf junge Menschen?
Gebhard Piccolruaz (76 Jahre): Es ist nicht einfach, denn die Werte und ihre Wahrnehmung haben sich verändert, und vieles wird nicht mehr so geschätzt wie früher. Der Wert der Kunst, sowohl als geistiges Werk als auch in Bezug auf deren Entlohnung, wird kaum noch anerkannt. Widersprüchlich ist, wenn jemand sagt, dass ein bestimmter Künstler gut ist, ihm alle folgen und mit ihm zusammenarbeiten wollen. Auch wenn die Person, die ihn entdeckt hat, nicht kompetent ist und der Künstler mittelmäßige Werke produziert. So wird der Künstler populär, gerät aber nach einer Weile zusammen mit seinen Werken in Vergessenheit. Das ist ein ähnliches Phänomen wie in den sozialen Medien, wo es um Follower oder Influencer geht. Der größte Kritikpunkt, den ich ausmache, ist die Unbeständigkeit der Anerkennung, die eher auf flüchtigen Wahrnehmungen als auf einer echten Bewertung des künstlerischen Wertes beruht. Der Schlüssel, um diesem Trend entgegenzuwirken, ist daher Authentizität, gemacht aus Originalität, Tradition, persönlichem Ausdruck und beruflicher Hingabe. Es ist ein wertschätzender Ansatz dem fertigen Werk, aber auch dem künstlerischen und menschlichen Weg des Künstlers gegenüber. Junge Menschen, die diesen Beruf ergreifen wollen, sollten das im Hinterkopf behalten.