Handelskammer Bozen
Wirtschaft = Zukunft

Emanuela Passerini

Kompetenz und Professionalität sind stärker als Klischees

Emanuela Passerini hat nach ihrem Abschluss an der Handelsoberschule beschlossen, ihrer großen Leidenschaft nachzugehen und Bewegungswissenschaften und Sport an der Hochschule für Sportwissenschaften ISEF zu studieren. Seit über 35 Jahren führt ihre Familie die ENI-Tankstelle in der Romstraße; daher hat sich Emanuela neben ihrem Studium auch dem Familienbetrieb gewidmet. Mehrere Jahre lang hat sie die beiden Tätigkeiten gleichzeitig ausgeführt, indem sie Bewegung und Sport in den Schulen unterrichtete, Schwimm- und Turnkurse abhielt sowie die Eltern in der Betriebsbuchführung unterstützte. Vor rund 20 Jahren gründete sie nach dem Umbau der Tankstelle und der Erweiterung derselben mit einer Bar mit ihrem Vater eine Gesellschaft und beschloss, ihren Traum einer Stammrolle als Sportlehrerin aufzugeben, um sich ganz auf das Familienunternehmen zu konzentrieren. Heute leitet sie eigenständig die Tankstelle und ist Vizepräsidentin der FAIB - Federazione Autonoma Italiana Benzinai im Verband der Selbständigen.

Haben Sie Ihre Laufbahn selbst gewählt oder war sie dadurch bedingt, dass Sie eine selbständige Tätigkeit geerbt haben?

Seit meiner Kindheit führten meine Eltern immer einen eigenen Betrieb. Für mich war es selbstverständlich, ihnen auch zu helfen. Es war also keine Pflicht. Irgendwann habe ich dann mit dem Träumen aufgehört und mich auf etwas Konkretes konzentriert. Wenn ich mich nicht für diesen Weg entschieden hätte, würde ich wohl immer noch auf eine Stammrolle in der Schule warten.

Sie arbeiten in einem üblicherweise männlichen Bereich; war es für Sie schwer, sich durchzusetzen?

Nein, eigentlich nicht. Ich habe mich in diesem Bereich immer wohl gefühlt und hatte eigentlich nie Probleme mit den Männern. Ich glaube sogar, dass ich geschätzt werde und stelle auch immer fest, dass es die Kundschaft gerne mit einer Frau zu tun hat, eben weil es sich um einen überwiegend männlichen Bereich handelt.

Und wie ich sehe, sind Sie hier nicht die einzige Frau.

Ganz richtig. In der Bar und in der Buchhaltung steht mir Silvia zur Seite. Alle haben sich an uns und vor allem an unsere Professionalität gewöhnt. Wir werden „die Mädchen“ genannt.

Müssen Sie irgendwelche besonderen Herausforderungen überwinden, weil Sie eine Frau sind?

Herausforderungen gehören zu unserem Alltag. Sie sind aber nicht geschlechtsbedingt, sondern sind vielmehr von der Arbeit an sich abhängig. Ein Beispiel? Die Beziehungen zum ENI, der großen Druck ausübt und uns Betreiber stark einschränkt.

Sie glauben an diesen Kampf und setzen sich auch aktiv dafür ein. Ist das als Frau schwer?

Bei der FAIB finde ich mich in vielen Situationen als einzige Frau wieder. Ich erlebe dabei keine Diskriminierungen. Für alle – ob Mann oder Frau – ist es wichtig, dass ich die Rechte unserer Kategorie gut vertrete. Was oft anzutreffen ist, ist vielmehr ein Frauenklischee, das jedoch mit Kompetenz und Professionalität beseitigt werden kann. Wenn man gut arbeitet und die eigenen Fähigkeiten zu zeigen versteht, dann spielt es für niemanden eine Rolle, ob man nun Mann oder Frau ist. Du wirst nur aufgrund deiner Taten beurteilt.

Haben Sie sich von einem Erfolgsmodell inspirieren lassen?

Ich hatte zwei kostbare Vorbilder an meiner Seite: meine Mutter und meinen Vater. Meine Mutter ist eine entschlossene Frau, die nie vor den Herausforderungen des Lebens zurückgeschreckt ist. Sie war stets bereit, Neues hinzuzulernen. Wenn sie studiert hätte, wäre sie eine ausgezeichnete Managerin geworden. Und mein Vater war stets überzeugt, selbständig arbeiten zu wollen. Als meine Eltern nach Bozen kamen, besaßen sie gar nichts. Aus dem Nichts haben sie sich ein eigenes Leben aufgebaut und drei Kinder aufgezogen, denen sie ein Studium und eine gutes Lebensumfeld ermöglicht haben. Dank ihrer konstanten Zielstrebigkeit haben sie sehr viel erreicht; ich schätze sie sehr.

Wie ist es eigentlich, eine eigene Tätigkeit zu führen?

Nicht leicht, aber eine große Genugtuung. Ich bin so aufgewachsen und vielleicht kommt es mir gerade deshalb so selbstverständlich vor. Selbständig zu sein bedeutet, nie mit dem Arbeiten aufzuhören, auch wenn man abends nach Hause geht. Außerdem ist es ein ständiges Lernen und sich Ändern, um auch in harten Zeiten bestehen zu können.

Wie vereinbaren Sie die Arbeit mit der Familie?

Dank der Unterstützung meines Mannes und meiner Eltern. 2005 wurde ich Mutter und hatte das Glück, mich meinem Sohn widmen zu können. Auch heute noch ist die Hilfe meiner Eltern, die mittlerweile in den Ruhestand getreten sind, sehr kostbar, da ich mich so ganz meinem Betrieb widmen kann.

Hätten Sie für die Frauen, die eine unternehmerische Tätigkeit beginnen möchten, einen guten Tipp?

Eine eigene Tätigkeit zu führen ist verbunden mit großen Opfern, Hingabe und viel Einsatz. Es ist aber auch eine große Genugtuung, eine tägliche Herausforderung anzugehen und selbständig arbeiten zu dürfen. Mein erster Tipp ist, nicht vor den Schwierigkeiten zurückzuschrecken. Wir Frauen müssen als erste davon überzeugt sein, dass es keine Klischees gibt, und unsere Kompetenz und Fähigkeiten zeigen. Verzichten Sie lieber darauf, „weibliche Waffen“ einzusetzen, um eine Stellung zu erreichen – konzentrieren Sie lieber Ihre ganze Kraft darauf, mit Taten und Fakten Ihre Fähigkeiten zu beweisen.

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