Handelskammer Bozen
Wirtschaft = Zukunft

Sonja Schmidhammer

Einfordern, was uns wichtig ist

Sonja Schmidhammer nimmt sich Zeit für ein Gespräch über Frauen. Sie selbst ist eine der wenigen weiblichen Führungskräfte in der Südtiroler Wirtschaft. „Ihre Sache“, so die studierte Betriebswirtin, „sind die Zahlen“– entgegen jedem Klischee. Und leisten muss heute jeder, egal ob Mann oder Frau. Trotzdem wünscht Schmidhammer den Frauen mehr Mut, für das Ihrige zu kämpfen.

Sie sind Präsidentin zweier rund 115köpfigen Südtiroler Unternehmen. Haben Sie Karriere gemacht?

Als Tochter eines Pionierunternehmers ist „Karriere“ vielleicht nicht ganz der richtige Begriff. Schon als Kind wird man ständig mit dem Betrieb konfrontiert, auch mit den Sorgen, mit den Freuden, ja mit den Emotionen, die die Aufgaben eines Unternehmers bzw. einer Unternehmerin mit sich bringen. Das hat mich geprägt. Als Tochter habe ich mich der Herausforderung gestellt, in den Betrieb einzusteigen. Und dies obwohl mich mein Vater nie gedrängt hat. Ich hatte die freie Wahl. Wir haben als Kinder aber gesehen, wie viel Kraft und Energie es braucht, ein Unternehmen zu leiten. Ich habe eigentlich nicht lange überlegt, sondern es war eine logische Konsequenz. Und bis jetzt hat es sich bewiesen, dass es nicht ganz das Verkehrte war.

Mussten Sie sich als Tochter gegenüber Ihrem Vater nochmals mehr beweisen?

Wie es früher eben so war, hatte sich mein Vater wahrscheinlich auch einen Sohn gewünscht, der die Geschäfte weiterführt. Aber ich habe oft zu ihm gesagt, ein Sohn stelle auch keine Garantie dar. Sicher habe ich manchmal als Tochter etwas provoziert – wie wahrscheinlich in jeder Familie – um zu spüren, dass ich akzeptiert werde. Ich denke, unser Vater hat mit uns Töchtern keinen schlechten Deal gemacht. Gemeinsam mit unseren Ehemännern führen meine Schwester und ich die Unternehmen weiter. Es war für ihn ein ganz großes Glück zu wissen – es geht weiter.

Können Sie sich an Ihre erste Arbeitserfahrung im Betrieb erinnern?

Noch sehr gut. Ich muss 14 Jahre alt gewesen sein und ich habe meinen Vater gefragt, ob ich während der Sommerferien mit einem der Monteure auf die Baustelle darf. Zur damaligen Zeit war das schon etwas Besonderes, dass ein junges Mädchen mit dem Blaumann eines Installateurs auf Montage geht. Die Kunden machten allesamt große Augen. Es war aber eine tolle Erfahrung und durchaus prägend, denn seit damals schätze ich die Arbeit der Monteure umso mehr. Sie arbeiten bei jedem Wetter, kalt, heiß, nass. Ihre Leistung ist gewaltig.

Haben Sie als Frau in einer männlich dominierten Branche einen schweren Stand?

Ich bin der Meinung, dass sich heute jeder beweisen und das seinige leisten muss – egal ob Mann oder Frau. Als Frau wird man vielleicht eine Spur kritischer beobachtet. Aber auf der anderen Seite birgt das Frausein in einem männerlastigen Betrieb wie dem unseren auch seine Vorteile. Beispielsweise darf ich in einem Mitarbeitergespräch auch mal etwas persönlicher werden. Wir Frauen sind empathischer, haben vielfach das bessere Feingefühl, was Menschen angeht, eine Eigenschaft, die heute jede Führungskraft gegenüber seinen Mitarbeiter/innen mitbringen sollte. Männer sind per se mehr auf Kampf ausgerichtet.

Wie viele Frauen arbeiten bei Ihnen im Betrieb?

Drei von 115. Leider ist es schwer, Mädchen für technische Berufe zu gewinnen. Ich würde mir was anderes wünschen.

Immer wieder hört man von erfolgreichen Frauen, dass Frauen selbst Schuld sind, wenn sie keine Karriere machen. Stimmen Sie dem zu?

Ich würde sagen, dass Frauen sich durchaus mehr zutrauen und mutiger für ihre persönliche und berufliche Entwicklung einstehen könnten. Gerade durch hohe Ansprüche an sich und an ein möglichst perfektes Familienleben stecken sie zugunsten des Mannes zurück. Was uns Frauen wichtig ist, sollten wir auch einfordern. Das heißt gemeinsam mit dem Partner Lösungen und Kompromisse anstreben, so dass sich beide Karrieren frei entwickeln können.

Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Ist dies überhaupt realistisch oder muss immer wer Abstriche machen?

Wir müssen uns zu allererst fragen: Wie hat es denn zu sein? Das perfekte Familienleben gibt es wohl nur im Film. Wer Familie hat, muss sich täglich vielen und neuen Herausforderungen stellen. Ich glaube dass es Kindern durchaus gut tut, wenn sie selbständig und mit einer guter Portion Eigenverantwortung aufwachsen und nicht in Watte gepackt werden. Wichtig ist, dass jede Familie fixe gemeinsame Zeiten hat und dass wir als Eltern stets das Gespräch mit unseren Kindern suchen.

Welchen Rat geben Sie ihrer Tochter, damit Sie als Unternehmerin erfolgreich und zufrieden zugleich sein wird?

Zuallererst sollte sie sich gut überlegen, ob sie den Willen und die Kraft hat, in den Betrieb einzusteigen. Denn es wird viel gefordert. Wer einen Familienbetrieb leitet, dem muss klar sein, dass die Firma einen wesentlichen Platz im Leben der Familie einnimmt. Man lebt, leidet und freut sich mit dem Betrieb. Diese Bereitschaft muss man mitbringen. Und nicht zuletzt viel Einsatz, eine gute Konfliktfähigkeit, Leidenschaft und eine große Portion Optimismus und Bodenständigkeit.

Zur Person

Sonja Schmidhammer, Jahrgang 1959, ist seit 2002 Präsidentin der Schmidhammer GmbH mit Sitz in Bruneck und der Firma Engo GmbH mit Sitz in Terenten. Als Tochter des Firmengründers Josef Schmidhammer macht sie schon als Jugendliche erste Erfahrungen im elterlichen Betrieb und nach Abschluss des Studiums der Betriebswirtschaft in Verona ist sie in verschiedenen Positionen der Familienunternehmen tätig. Eingetragen ist Sonja Schmidhammer zudem im Verzeichnis der Mediatoren der Handelskammer Bozen, im Verzeichnis der Mediatoren „AIMeF“ – Associazione Italiana Mediatori Familiari, im Album der Rechnungsrevisoren und als Sachverständige am Gericht Bozen. Sonja Schmidhammer ist verheiratet und hat mit ihrem Mann Bruno Mazzarol zwei Kinder, die Interesse am Betrieb zeigen und bereits mitarbeiten. Die Schmidhammer GmbH beschäftigt 85 Mitarbeiter und ist im Bereich Klima, Heizung und Sanitär sowie Kälte tätig. Die Firma Engo GmbH beschäftigt 30 Mitarbeiter und arbeitet weltweit im Bereich Eissportmaschinen und Zubehör.

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