Handelskammer Bozen
Wirtschaft = Zukunft

Deborah und Sonia Pirone

Die eigene Unternehmerin sein

Deborah und Sonia Pirone haben einen geringen Altersunterschied und einen sehr ähnlichen Berufsweg hinter sich. Gemeinsam mit ihrem Vater Mario führen sie den Familienbetrieb, die Piroche Cosmetiques in Meran, die vor 35 Jahren vom Familienoberhaupt gegründet wurde. Deborah und Sonia ähneln sich, sind aber vom Charakter her sehr verschieden. Einige Gemeinsamkeiten fallen mir sofort auf, zum Beispiel ihre Entschlossenheit, ihr Mut und ihr ausgeprägtes Pflichtbewusstsein. Beide haben ihre berufliche Laufbahn im Familienbetrieb aufgebaut. Deborah, die ältere Schwester, hat Chemie und Pharmatechnologie studiert und ist heute für die Produktion verantwortlich. Die jüngere Schwester Sonia hat hingegen Sprachen studiert. Die Exportmanagerin beherrscht fünf Sprachen: Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch und Deutsch. Bereits als Jugendliche verbrachten die zwei Schwestern die Sommermonate im Betrieb; das hat ihnen auch ermöglicht, alle Firmenbereiche genau kennenzulernen. Dank ihrer spezifischen Studien und des ständigen Einsatzes haben sie sich zu den strategischen Hauptfiguren des Unternehmens emporgearbeitet. Beide haben dazu auch zwei Kinder und selbständige Ehemänner. Auf die Frage, wie sie denn alles unter den Hut kriegen, antworten sie ganz spontan, für sie sei das „ganz normal“.

In Anbetracht des erfolgreichen Familienunternehmens schien Ihr Weg wohl vorbestimmt zu sein...

Mag sein, aber selbstverständlich war er auf jeden Fall nicht. Heute erwartet die Gesellschaft immer noch von den Frauen, dass sie heiraten und sich der Familie widmen. Unternehmerinnen sind noch keine Selbstverständlichkeit.

Wäre es auch für Sie denkbar gewesen, sich ausschließlich der Familie zu widmen?

(Die Geschwister schauen sich an und antworten darauf gemeinsam). Nein! Mit unserem Charakter und der Erziehung, die wir genossen haben, wäre es für uns schlicht unmöglich gewesen, zuhause zu bleiben und uns ganz den Mutterpflichten zu widmen. Wir investieren Zeit und Energie in unsere Laufbahn, ohne dass dabei die Familie zu kurz kommt.

Angesichts Ihrer Aufgabenbereiche im Betrieb hat die Arbeit sicherlich immer eine wichtige Rolle für Sie gespielt. Hatten Sie nie das Gefühl, die Familie zu vernachlässigen?

Keineswegs! Was zählt, ist die Qualität der Zeit, die man mit der Familie verbringt - nicht die Quantität. Für uns ist es schwierig, auch nur eine Woche von der Arbeit fern zu bleiben. Es wäre undenkbar gewesen, monatelang wegen Mutterschaft zu Hause zu bleiben. In einem gewissen Sinne sahen wir uns zu dieser Entscheidung gezwungen, doch wahrscheinlich hätten wir bei unserer Einstellung gar nichts anderes tun können.

Wie schaffen Sie das nur alles?

Wichtig ist eine gute Organisation - im Kopf und im Alltag. Unsere Kinder haben immer Vollzeiteinrichtungen besucht, und bis vor kurzem konnten wir auch mit der kostbaren Hilfe unserer Mutter rechnen. Außerdem unterstützen wir uns sehr oft auch gegenseitig.

So klingt alles sehr einfach...

Nein, einfach ist es auf keinen Fall. Es braucht einen ständigen Einsatz und das Bewusstsein, dass man immer am Ball bleiben muss. In unserem Kopf wimmelt es immer nur so von Ideen, Problemen, Einteilung der Tätigkeiten der Kinder... und auch wenn wir nach Hause zurückkehren, schalten wir nie richtig ab.

Jetzt sieht die ganze Sache schon etwas schwieriger aus!

Wichtig ist, sich nicht von den Verpflichtungen und Verantwortungen überrumpeln zu lassen und genaue Prioritäten festzulegen. Der Geheimtipp ist dabei, immer ein Problem nach dem anderen anzugehen. Außerdem sollte man auch nie die positiven Aspekte des Unternehmertums aus den Augen verlieren: Es ist eine wunderschöne Herausforderung, die einen immer auf Trab hält.

Anfangs wurde der Betrieb nur von Ihrem Vater geführt. War der Eintritt der weiblichen Komponente in der Führung ein entscheidender Schritt?

Eine Frau findet sich in der Kosmetik sicher besser zurecht: Sie kennt den Markt und die Bedürfnisse der Kundschaft. Wir glauben allerdings nicht, dass die weibliche Komponente die Führung des Unternehmens verändert hat.

In Ihrem Betrieb haben Sie es mit einer vorwiegend weiblichen Welt zu tun; was passiert, wenn Sie mit der Außenwelt in Kontakt treten?

Wir haben oft männliche Ansprechpersonen, mit denen wir immer gute Erfahrungen gemacht haben. Dabei haben wir uns immer wohl gefühlt, vor allem weil wir wegen unserer Kompetenz sehr geschätzt werden.

Würden Sie einer jungen Frau den Weg in die Selbständigkeit empfehlen?

Heutzutage ist das keine leichte Entscheidung. Die Marktbedingungen sind für Männer und Frauen sehr schwierig. Was zählt sind ein starkes Selbstvertrauen und überzeugtes Handeln.

Sie sind beide mit einem selbständigen Mann verheiratet. Welche Unterschiede bestehen auf beruflicher Ebene zwischen Mann und Frau?

Beide begegnen denselben Schwierigkeiten; der Unterschied spielt sich eher auf geistiger Ebene ab. Männer stürzen sich oft voll und ganz in die unternehmerische Tätigkeit und denken ausschließlich an ihren Betrieb. Frauen müssen hingegen zusätzlich zur Arbeit auch die Familie managen.

Welche Eigenschaften sind für eine Unternehmerin wichtig?

Bei den ersten Schwierigkeiten nicht gleich aufzugeben, sondern vielmehr die Probleme zu erkennen und anzugehen. Eine Frau muss flexibel sein und sich an die Markt- und Betriebsanforderungen anpassen können. Sie muss den Mut haben, Neues zu entdecken und die entsprechenden Herausforderungen zu bewältigen. Sie ist sozusagen ihre eigene Unternehmerin. Wenn ihr das gelingt, ist die persönliche Genugtuung um so größer.

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