Handelskammer Bozen
Wirtschaft = Zukunft

Stefania Bertolini

Den eigenen Traum nie vergessen!

Stefania Bertolini erweckt sofort den Eindruck, eine entschlossene und konkrete Person zu sein. Sie war nicht einmal 25 Jahre alt, als sie Unternehmerin wurde. Nach dem Wirtschaftsstudium arbeitete sie für ein Trentiner Unternehmen, das im Ausland tätig war; so reiste sie sechs Jahre lang um die Welt - eine sehr bereichernde Erfahrung. Anschließend eröffnete  sie ein Bauunternehmen und führte es acht Jahre lang. 2008 gründete sie dann die STR, eine Genossenschaft für Schweißerarbeiten in Vahrn, die sie heute noch leitet. Sie ist Mitglied des Vorstandes von Confcooperative Bozen und hat vor einem Jahr mit zwei anderen Frauen die ausschließlich weibliche Beratungsgenossenschaft MDS errichtet, die Manager berät. Und welchen Traum verfolgt sie noch? Ein Haus für die Familie zu schaffen und wieder zu reisen.

Warum haben Sie sich eigentlich für die unternehmerische Laufbahn entschieden?

Unabhängigkeit war schon immer wichtig für mich. Bereits als Jugendliche arbeitete ich in unseren Familienbetrieben. Mein Vater ist im Transportwesen tätig, meine Mutter hingegen im Fremdenverkehr.

Welche Vorteile bringt eine solche Entscheidung?

Wer seine Arbeit liebt und darin auch Genugtuung findet, genießt eine Freiheit, die einfach unbezahlbar ist. Der Aufwand an sich hat mich nie davon abgehalten. Einschränkungen, wie zum Beispiel fixe Arbeitszeiten, empfinde ich als Hindernisse, die mich nicht bereichern. Selbstverständlich muss man sich bewusst sein, dass eine solche Entscheidung einen ständigen Einsatz erfordert. Der Arbeitstag dauert oft weit mehr als acht Stunden.

Sie haben Ihre Laufbahn mit der Gründung eines Bauunternehmens und dann eines Schweißbetriebes begonnen... vermutlich sind Sie dabei sehr wenigen Frauen begegnet!

(Lächelt). Das war nie ein Problem. Was ich heute bin, verdanke ich vor allem Männern. Was im Beruf wirklich zählt, ist Menschen zu begegnen, die uns in unserer Entwicklung weiterbringen und wegen unserer Fähigkeiten und Handlungen schätzen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Männer oder um Frauen handelt.

Sie hatten also keine besonderen Schwierigkeiten?

Nicht mehr als andere Menschen. Ich habe mich in einem männlichen Umfeld immer wohl gefühlt. Dabei muss ich allerdings auch zugeben, dass ich einen eher männlichen Charakter habe. Ich bin die einzige Frau in der Familie und bin es gewohnt, viele Entscheidungen zu treffen.

Sie haben sich schon sehr jung in die Arbeit gestürzt. Hatten Sie denn auch Zeit für andere Leidenschaften?

Absolut! Vor allem für den Sport. Ich habe jahrelang Fußball gespielt, sogar in der ersten Liga.

Sie haben also auch in Ihrer Freizeit ein vorwiegend männliches Umfeld gewählt... Hat Ihnen das geholfen?

Sicher. Ich habe gelernt, dass es im Leben wie im Sport viel Einsatz und Durchhaltevermögen braucht, um etwas zu erreichen. Man muss hart arbeiten, um zu einem Ergebnis zu kommen. Gleichzeitig hat mich der Sport auch gelehrt, dass Niederlagen genauso wichtig sind. Jeder Enttäuschung ist auch etwas Positives abzugewinnen.

Eine aufwändige Berufswahl und eine große Familie. Ist das alles machbar?

Meine Arbeit ist ein wesentlicher Bestandteil meines Lebens. Mir wäre nie eingefallen, wegen Mutterpflichten darauf zu verzichten. Sicher gilt es, Opfer zu bringen, doch mit einer guten Organisation ist nichts unmöglich.

Ist Kooperation also auch im Privatbereich wichtig?

Natürlich! Aus meiner Erfahrung mit Genossenschaften habe ich gelernt, in erster Linie Formen der Wechselseitigkeit und gegenseitiger Unterstützung anzuwenden, die ich auch auf die Familie übertragen habe. So ist auch meine Familie eine „Genossenschaft“: Wir helfen uns gegenseitig und alle müssen ihren Beitrag leisten. Ohne eine solche Familie könnte ich das Leben, für das ich mich entschieden habe, gar nicht managen. Kinder müssen selbständig und aktiver Teil der Familie sein.

Hatten Sie ein Vorbild?

Ja, meinen Vater. Er hat das Leben immer geliebt und sich mit viel Begeisterung der Familie und der Arbeit gewidmet. Dabei ist es ihm gelungen, glücklich zu sein. Mit dieser Einstellung bin ich erzogen worden, und ich muss meinen Eltern dafür danken, dass ich heute mit meinem Leben und meiner Arbeit zufrieden bin, Probleme bewältige und dabei mit Leidenschaft alles erledige.

Was würden Sie einer jungen Unternehmerin empfehlen?

An sich selbst und an die eigenen Ziele zu glauben, immer weiter zu lernen und Mut zu haben. Enttäuschungen machen stark. Nie aufzugeben. Jeder ist für die eigene Zukunft verantwortlich; daher sollten wir auch nicht zulassen, dass andere unser Leben bestimmen. Wir sollten unser Leben in vollen Zügen leben und es privat wie auch beruflich schätzen. Wichtig ist, immer das zu tun, was uns glücklich macht, sich nicht an Situationen anzupassen, die uns nicht gefallen, denn nur so finden wir echte Genugtuung. Immer neue Reize suchen und nie das Träumen aufgeben! Jeder braucht einen Traum.

Werden Frauen beruflich immer noch diskriminiert?

Ich denke schon, doch in vielen Fällen ist es auch die Frau selbst, die sich hinter falschen Überzeugungen versteckt. Was in der Berufswelt zählt, ist die Kompetenz, nicht das Geschlecht. Allerdings muss eine Frau oft viel kompetenter als ein Mann sein, um sich auf der Leiter emporzuarbeiten. Sie muss ständig vorbereitet sein und an sich selbst arbeiten. In Südtirol herrscht im Gegensatz zu anderen Orten auf jeden Fall eine offenere Denkweise, auch was das weibliche Unternehmertum betrifft.

Sie haben vier Kinder - zwei Jungen und zwei Mädchen. Erziehen Sie die Mädchen anders?

Nein, das ist nicht nötig. Ich habe allen dasselbe beigebracht: „Zahlen zeigen dir die Grenzen deiner wirklichen Welt, Träume hingegen ermöglichen dir, deine Ziele zu verwirklichen und deine Horizonte zu erweitern“.

Waren diese Informationen hilfreich?
Noch keine Bewertungen vorhanden

Kontakt

Kommunikation

0471 945 672