Finstral
CO2-neutral bis 2030: Das ist das Ziel, das Finstral anpeilt und man ist bereits auf gutem Weg. Die beiden wichtigsten Säulen sind dabei eine konsequente Kreislaufwirtschaft und das Einsparen von Energie. Wie beides bei Finstral umgesetzt wird, haben wir Katrien Romagnoli, Abteilungsleiterin Umwelt und Energie, gefragt.
Frau Romagnoli, wo startet das ehrgeizige Ziel, bis 2030 CO2-neutral zu werden?
Katrien Romagnoli: 2021 haben wir zum ersten Mal die CO2-Emissionen des Energieverbrauchs von Finstral für die italienischen Werke berechnet und es hat sich gezeigt, dass wir sie in weniger als zehn Jahren bereits um mehr als 70 Prozent reduziert hatten – durch Investitionen in Energieeffizienz und Photovoltaikanlagen. Dass sich solche Investitionen auszahlen, hat sich bei den Strompreiserhöhungen 2023 gezeigt. Dazu kommt die Überzeugung, dass ein Unternehmen eine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft hat und seinen Teil beitragen muss, wenn es um den Klimawandel geht. Heute wird ein Finstral-Fenster mit 20 Prozent selbst produziertem erneuerbarem Strom produziert und der Produktionsprozess benötigt 25 Prozent weniger Strom als 2012.
Und wie kann man sich den Weg in die CO2-Neutralität in der Praxis vorstellen?
Vor 2021 sind wir den Weg eher unbewusst gegangen, danach hat man sich Schritt für Schritt die Emissionen der gesamten Finstral-Gruppe angeschaut. Alles, was in den italienischen Werken einfach funktioniert hat, ist von den anderen übernommen worden. Übrig bleibt der Gasverbrauch für die Gebäudeheizung und der Transport. Beides ist nicht einfach zu reduzieren, aber seit 2021 sind die Emissionen noch einmal um fast 50 Prozent gesenkt worden. Im Fernverkehr setzen wir auf Biodiesel als Brückentechnologie, unsere Personalbusse werden alle durch eine elektrische Alternative ersetzt. Um vom Gas wegzukommen, haben wir Machbarkeitsstudien mit Wärmepumpen, Biomasse und Geothermie durchgeführt und haben jetzt auch eine Wärmepumpe in einer unserer Produktionshallen, aber in den meisten Fällen wurden wir enttäuscht. Die Realität ist leider, dass man immer noch eine Gasheizung braucht.
Bei Finstral haben Sie nicht nur die eigenen Emissionen im Blick, sondern auch jene der Zulieferer.
2023 haben wir zum ersten Mal unsere indirekten Emissionen berechnet, also die Emissionen, die Finstral mit Glas, Aluminium, Stahl, PVC etc. oder auch mit dem Transport einkauft. Während wir die direkten Emissionen von Finstral so gut wie im Griff haben, ist die CO2-Intensität unserer eingekauften Materialien eine ganz andere Geschichte, weil man keinen direkten Einfluss hat. Zwar werden bereits Technologien entwickelt, die die Produktion bis 2050 CO2-neutral machen, wir müssen als Kunde aber verstehen, welche Möglichkeiten es gibt, die CO2-Intensität der eingekauften Materialien schon heute zu senken.
Gibt es auch Zulieferer, die diesen Weg nicht mitgehen?
Wir haben uns entschieden, 2024 nicht mehr mit einem Lieferanten zusammenzuarbeiten, weil er in den letzten Jahren keine Schritte in Richtung nachhaltigerer Produkte gemacht hat. Mit allen anderen arbeiten wir daran, die Emissionen so schnell wie möglich nachhaltig zu reduzieren. So bestehen unsere Aluminiumprofile im Durchschnitt zu 58 Prozent aus Recyclingmaterial, unser PVC wird zu 81 Prozent mit Ökostrom hergestellt und ab diesem Jahr kaufen wir auch teilweise Glas mit einer um 30 Prozent geringeren CO2-Intensität ein.
Welche Rolle in Ihrer Nachhaltigkeitsstrategie spielt die Kreislaufwirtschaft?
Eine große. Wie schon gesagt: Die meisten CO2-Emissionen, die Finstral verursacht, kaufen wir mit vier Materialien ein: Glas, Aluminium, Stahl und PVC. Glücklicherweise sind diese Materialien sehr gut recycelbar. Finstral ist da in einer sehr interessanten Position, weil wir sowohl mit den Lieferanten der Grundmaterialien als auch mit den Endkunden, die Altfenster haben, in Kontakt stehen.
Finstral ist vor allem für seine Kunststofffenster bekannt. Wie kann ein solches Fenster CO2-neutral produziert werden und Teil der Kreislaufwirtschaft werden?
Ein Fenster besteht hauptsächlich aus Glas, gefolgt von PVC, Aluminium und Stahl. Alle diese Materialien eignen sich bestens für das Recycling, deshalb sind wir gerade dabei, ein Pilotprojekt für das Recycling von Altfenstern auf die Beine zu stellen. Wenn man zeigt, dass recyceltes Aluminium nur noch 0,5 Prozent der Emissionen von Neualuminium hat, zeigt man, dass man damit einen wichtigen Beitrag leisten kann. Und PVC-Fensterprofile, die heute unsere Fabriken verlassen, lassen sich nach dem Lebenszyklus komplett wieder in die Kreislaufwirtschaft integrieren. Außerdem haben PVC-Fenster eine doppelt so lange Lebensdauer wie andere. Das ist der größte Vorteil, wenn es darum geht, die Ressourcen zu reduzieren.
Und was können andere Unternehmen vom Beispiel Finstral lernen?
CO2-Reduktion und Wirtschaftlichkeit gehen oft Hand in Hand, wenn an der Energie- und Materialeffizienz gearbeitet wird. Zudem gibt es CO2-arme Alternativen, die heute schon bezahlbar sind, etwa Ökostromzertifikate oder Biodiesel für LKWs. Danach muss man sich strategisch überlegen, welche weiteren Schritte mit welchem Mehraufwand zu gehen sind. Jedes Unternehmen wird hier andere Prioritäten und Möglichkeiten haben, aber man sollte es einfach machen und nicht zu viel diskutieren.
Kurzbiografie
Katrien Romagnoli, MSc. Bioscience Engineering und Abteilungsleiterin Umwelt und Energie für Finstral. Aufgewachsen in Belgien und seit sechs Jahren in Südtirol.
Finstral ist einer der führenden Hersteller von Fenstern, Türen und Glaswänden Europas. Heute umfasst der Familienbetrieb 14 Produktionswerke, 29 Studios und rund 1600 Mitarbeiter und ist in 15 Ländern vertreten.