Handelskammer Bozen
Wirtschaft = Zukunft

Kreislaufwirtschaft

Der Weg zum nachhaltigen Wirtschaften

Angesichts der gegenwärtigen klimatischen Entwicklungen und der wachsenden Verantwortung von Unternehmen, ist es heute wichtiger denn je, die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft als praktische Umsetzung zu einer nachhaltigen Transformation zu verstehen und diese erfolgreich in die Geschäftsstrategien zu integrieren.

Die Kreislaufwirtschaft gewinnt dabei in unserer Welt, die zunehmend von Ressourcenknappheit und Umweltbelastungen geprägt ist, immer mehr an Bedeutung. Das traditionelle lineare Wirtschaftsmodell, welches auf dem „Take-Make-Dispose“-Prinzip basiert, führt dabei zu einer massiven Verschwendung von Ressourcen und trägt erheblich zur Umweltzerstörung bei. Angesichts der Ressourcenknappheit, Umweltverschmutzung und dem fortschreitenden Klimawandel wird deutlich, dass traditionelle Wirtschaftsmodelle an ihre Grenzen stoßen. Um diesen negativen Entwicklungen entgegenzuwirken, bietet die Kreislaufwirtschaft eine vielversprechende Alternative. Im Gegensatz zum linearen Modell, verfolgt die Kreislaufwirtschaft das Ziel, Kreisläufe klein zu halten und dabei die Ressourcen so lange wie möglich im Kreis zu halten und Abfall zu minimieren. Dieses Modell bietet nicht nur eine Lösung auf die drängenden ökologischen Herausforderungen unserer Zeit dar, sondern ermöglicht Unternehmen auch wirtschaftliche Vorteile zu generieren.

Ihre Bedeutung zeigt sich auch im Klimaplan 2040 von Südtirol, wo die Kreislaufwirtschaft als wichtiger Bestandteil der Lösungen für verschiedene Sektoren dient, um die Klimaziele zu erreichen. Auch auf EU-Ebene ist die Kreislaufwirtschaft ein zentrales Thema. Beispielsweise ist sie ein Kernelement des EU Green Deals zur nachhaltigen Umgestaltung der europäischen Wirtschaft und ist entsprechend auch in wichtigen regulatorischen Anforderungen wie der EU-Taxonomie oder den ESRS wiederzufinden.

Grundlagen der Kreislaufwirtschaft

Die Kreislaufwirtschaft ist dabei ein Wirtschaftsmodell, das darauf abzielt, die Lebensdauer von Produkten, Materialien und Ressourcen zu maximieren und Abfälle sowie Umweltbelastungen zu minimieren. Im Mittelpunkt steht die Idee, dass Materialien und Produkte nach ihrem Gebrauch nicht entsorgt, sondern so lange wie möglich wiederverwendet, repariert, aufgearbeitet oder recycelt werden. Hierbei werden beispielsweise Abfälle hierbei als Ressource betrachtet. Dadurch werden geschlossene Kreisläufe geschaffen, die den Ressourcenverbrauch und die Entstehung von Abfall signifikant reduzieren.

Methodische Umsetzung in der Praxis

Zur praktischen Umsetzung der Kreislaufwirtschaft bietet beispielsweise die 9Rs einen umfassenden Ansatz für Unternehmen, um ihre Prozesse nachhaltiger zu gestalten. Es zeigt auf, dass die Kreislaufwirtschaft mehr ist als nur Recycling und eine Reihe von Strategien umfasst. Dies geschieht dabei nicht nur durch End-of-Life-Maßnahmen, sondern bereits durch die bewusste Gestaltung und Nutzung von Produkten während ihres gesamten Lebenszyklus. 

Folgend eine kurze Beschreibung der 9R:

  1. Refuse (Ablehnen): Vermeiden Sie den Kauf oder die Herstellung von Produkten, die nicht notwendig sind oder die zu viel Abfall erzeugen.
  2. Rethink (Umdenken): Überdenken Sie den Nutzen von Produkten und Dienstleistungen, und gestalten Sie Prozesse und Produkte effizienter und nachhaltiger.
  3. Reduce (Reduzieren): Minimieren Sie den Material- und Energieeinsatz in der Produktion und während der gesamten Lebensdauer eines Produkts.
  4. Reuse (Wiederverwenden): Nutzen Sie Produkte oder Komponenten wieder, ohne sie zu verändern, z.B. durch Weiterverkauf oder Spenden.
  5. Repair (Reparieren): Stellen Sie sicher, dass Produkte repariert werden können, um ihre Lebensdauer zu verlängern, anstatt sie wegzuwerfen.
  6. Refurbish (Aufarbeiten): Überholen und modernisieren Sie alte oder gebrauchte Produkte, um ihre Funktionalität wiederherzustellen und sie wieder nutzbar zu machen.
  7. Remanufacture (Wiederaufbauen): Zerlegen und bauen Sie Produkte vollständig wieder auf, um sie in einem Zustand „wie neu“ wieder in den Markt einzuführen.
  8. Repurpose (Umfunktionieren): Nutzen Sie Teile oder Materialien eines Produkts für einen anderen Zweck, der nicht dem ursprünglichen entspricht.
  9. Recycle (Recyceln): Verarbeiten Sie Materialien am Ende ihrer Nutzungsdauer, um sie als Rohstoffe für neue Produkte zu verwenden.

In der folgenden Abbildung wird der Produktlebenszyklus im Sinne der Kreislaufwirtschaft dargestellt und zeigt, wo die einzelnen „Rs“ ansetzen. Jedes "R" leistet in den verschiedenen Phasen einen spezifischen Beitrag, um Ressourcen im Kreislauf zu halten und eine nachhaltigere Wirtschaftsweise zu fördern.

Kreislaufwirtschaft
Abbildung: 9R Strategie in der Kreislaufwirtschaft

Die 9Rs helfen dabei, die Komplexität der Kreislaufwirtschaft zu strukturieren und bieten klare Handlungsoptionen für Unternehmen, die auf nachhaltiges Wirtschaften umstellen möchten, indem sie schrittweise eine oder mehrere der 9R-Strategien implementieren.

Neben dem 9R-Prinzip gibt es noch weitere Konzepte, die Unternehmen bei der Umsetzung der Kreislaufwirtschaft unterstützen können. Ein besonders bekanntes Konzept ist „Cradle to Cradle“ (C2C). C2C verfolgt das Ziel, Produkte so zu gestalten, dass sie nach ihrem Gebrauch entweder vollständig biologisch abbaubar sind oder in einem geschlossenen technischen Kreislauf verbleiben. Die verschiedenen Ansätze zur Implementierung der Kreislaufwirtschaft können auch von Unternehmen kombiniert angewandt werden.

Hierbei ist wichtig zu erwähnen, dass sich die Kreislaufwirtschaft nicht nur die Gestaltung und Nutzung von Produkten umfasst, sondern auch die Optimierung der Fertigung, um Ressourcen effizienter zu nutzen, Abfälle zu minimieren und die Umweltbelastung während der gesamten Produktionskette zu reduzieren.

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Kreislaufwirtschaft liegt in der Zusammenarbeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Unternehmen können die Vorteile der Kreislaufwirtschaft nur dann vollständig ausschöpfen, wenn sie eng mit Lieferanten, Kunden und weiteren Stakeholdern kooperieren. Diese Zusammenarbeit ermöglicht es, geschlossene Materialkreisläufe zu schaffen, bei denen Materialien effizient wiederverwendet oder recycelt werden. Netzwerke und Partnerschaften, die auf den Austausch von Wissen und Ressourcen abzielen, sind entscheidend, um innovative Lösungen zu entwickeln, die sowohl ökologisch als auch ökonomisch vorteilhaft sind. Dabei hilft ein systematischer und koordinierter Ansatz zur erfolgreichen Umsetzung der Kreislaufwirtschaft entlang des gesamten Lebenszyklus.

Herausforderungen

Die Umsetzung der Kreislaufwirtschaft ist ein komplexes Unterfangen, da sie ein Zusammenspiel aus den diversen Bereichen erfordert und dies auch über die Grenzen des Unternehmens hinausgeht. Es erfordert ein tiefes Verständnis von Materialflüssen, Produktlebenszyklen und den damit verbundenen ökologischen und ökonomischen Auswirkungen. Unternehmen müssen bestehende Geschäftsprozesse überdenken, neue Kompetenzen aufbauen und sich an sich regulatorische Anforderungen anpassen. Diese Komplexität kann herausfordernd sein, jedoch zeigen sich bei einer systematischen und gut geplanten Umsetzung die Potenziale der Kreislaufwirtschaft. Durch die Entwicklung einer strukturierten Strategie kann der Wandel konsequent verfolgt werden und Unternehmen profitieren dabei von Kosteneinsparungen und einer stärkeren Resilienz gegenüber Marktveränderungen. Zudem können Unternehmen durch innovative Geschäftsmodelle, wie beispielsweise Leasing oder Produkt-als-Dienstleistung, neue Märkte erschließen und ihren Wettbewerbsvorteil ausbauen. Dies birgt nicht nur wirtschaftliche Potenziale, sondern trägt auch wesentlich zu einer nachhaltigen Zukunft bei. 

Fazit

Die Kreislaufwirtschaft bietet Unternehmen die Chance, ökologisch und ökonomisch nachhaltig zu handeln. Durch die Implementierung der Prinzipien der Kreislaufwirtschaft können Unternehmen nicht nur ihre Kosten senken und Risiken minimieren, sondern auch neue Geschäftsmöglichkeiten erschließen und ihre Position in einem sich wandelnden Markt stärken.

Beginnen Sie nun mit einer Analyse Ihrer aktuellen Prozesse und identifizieren Sie Möglichkeiten zur Implementierung der Kreislaufwirtschaft, um Ihre Produkte und Dienstleistungen nachhaltiger zu gestalten. Die Kreislaufwirtschaft ist dabei nicht nur ein theoretisches Konzept, sondern ein konkreter Handlungsrahmen, der Unternehmen dabei hilft, langfristige wirtschaftliche Erfolge zu sichern.

Autoren

MSc. Lars Jakobs, MSc. Asja Emer, Prof. Erwin Rauch, Sustainable Manufacturing Lab, Fakultät für Ingenieurwissenschaften der Freien Universität Bozen

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