Handelskammer Bozen
Wirtschaftsbarometer Verarbeitendes Gewerbe

Wirtschaftsbarometer Verarbeitendes Gewerbe

Geschäftsklima nach Branchen stark unterschiedlich

Data: 
Mittwoch, 19. Juli 2023
Uhrzeit: 

Trotz Anzeichen einer Abschwächung der Nachfrage sind 90 Prozent der Südtiroler Unternehmen im Verarbeitenden Gewerbe zuversichtlich, heuer eine zufriedenstellende Ertragslage zu erreichen. Das Geschäftsklima zeigt sich jedoch sehr heterogen, mit großen Unterschieden zwischen den einzelnen Branchen. Dies geht aus dem Wirtschaftsbarometer des WIFO – Institut für Wirtschaftsforschung der Handelskammer Bozen hervor.

Das Geschäftsklima im Verarbeitenden Gewerbe bleibt grundsätzlich positiv. Neun von zehn Unternehmen erwarten für 2023 ein zumindest befriedigendes Betriebsergebnis, ein Viertel sogar ein gutes. Die Beschäftigung ist in den ersten Monaten des Jahres weitergewachsen: Zwischen Jänner und Mai lag die Zahl der unselbständig Beschäftigten im Durchschnitt bei rund 34.900, was einem leichten Anstieg von 1,1 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht.

Die Umsatzentwicklung zeigt jedoch eine Abschwächung. Die kleinen Unternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten rechnen heuer trotz höherer Verkaufspreise sogar mit einem Umsatzrückgang im Vergleich zum Vorjahr. Größere Betriebe hingegen erwarten zwar einen Umsatzanstieg, aber eine Stagnation der Exporte. Die Exportstatistik für Südtirol – ohne landwirtschaftliche Produkte – zeigt im ersten Quartal 2023 nämlich einen realen Rückgang der Ausfuhren von 0,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, gegenüber einem nominalen Anstieg von 6,3 Prozent. Darüber hinaus melden die Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes eine rückläufige Investitionstätigkeit, auch aufgrund des anhaltenden Anstiegs der Zinssätze.

Allerdings sind die Aussichten für die einzelnen Branchen des Verarbeitenden Gewerbes sehr unterschiedlich. Optimismus herrscht vor allem im Maschinenbau, wo fast alle Unternehmer/innen ein Umsatzwachstum und eine zumindest befriedigende, oft gute Rentabilität erwarten. Auch in der Nahrungsmittelproduktion, in der Holzverarbeitung und bei den Druckereien ist das Geschäftsklima sehr positiv. Die größten Schwierigkeiten sind in der Baustoffherstellung, in der Metallverarbeitung und in der Textil- und Bekleidungsbranche zu finden. In diesen Sparten rechnet heuer etwa ein Fünftel der Unternehmen mit einer schlechten Rentabilität.

Michl Ebner, Präsident der Handelskammer Bozen, unterstreicht die Bedeutung der Investitionen für das Verarbeitende Gewerbe: „Die Investitionen erhöhen die Effizienz der Unternehmen und steigern die Produktivität. Dies bestimmt langfristig die Wettbewerbsfähigkeit, auch auf internationaler Ebene. Deshalb müssen Investitionen durch entsprechende Anreize, z. B. durch zinsgünstige Kredite, unterstützt werden.“

Anmerkung:
Das Verarbeitende Gewerbe umfasst alle Tätigkeiten, welche mit der Herstellung von Waren verbunden sind, wie zum Beispiel die Produktion von Nahrungsmitteln, Textilien und Bekleidung, Holzgegenständen und Möbeln, chemischen und pharmazeutischen Erzeugnissen, Kunststoffwaren, Metallerzeugnissen, Maschinen, Geräten, Fahrzeugen usw.

Weitere Auskünfte erteilt das WIFO, Ansprechpartner Nicola Riz, Tel. 0471 945 721, E-Mail: nicola.riz@handelskammer.bz.it.

Es folgen die Stellungnahmen der Vertreter der Wirtschaftsverbände:

Claudio Corrarati, Präsident CNA-SHV Trentino-Südtirol
„Seit Wochen äußert sich der SHV besorgt über den unverständlichen und gefährlichen Anstieg der Zinssätze, der Investitionen hemmt und vor allem Kleinst- und Kleinunternehmen beeinträchtigt, die zur Finanzierung auf Bankkredite zurückgreifen. Der Zinssatzanstieg ist Teil einer Gesamtsituation, die alles andere als rosig ist, da die Kosten für Energie und Rohstoffe nur langsam sinken. Das Risiko für die Unternehmen besteht in einem raschen Verlust der Liquidität.“

Hannes Mussak, lvh-Vizepräsident
„Das produzierende Gewerbe leidet nach wie vor unter der Fachkräftesituation. Besonders im Maschinen- und Werkzeugbaubereich ist die schwächelnde Wirtschaftssituation in Deutschland auch hierzulande spürbar. Darüber hinaus beeinflusst die Zinsentwicklung die Investitionsbereitschaft der Unternehmen. Insofern ist es wichtig, Maßnahmen zu setzen, um die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe aufrechtzuerhalten.“

Heiner Oberrauch, Präsident Unternehmerverband Südtirol 
„Die unterschiedlichen Erwartungen spiegeln die große Unsicherheit wider, die auf Herausforderungen wie Dekarbonisierung, Digitalisierung oder demographischer Wandel zurückgeht. Umso mehr gilt es Unternehmen durch Investitionen in Innovation, aber genauso auch Südtirol als Wirtschaftsstandort, wettbewerbsfähig aufzustellen, u.a. durch leistbares Wohnen, leistbare saubere Energie und weniger bürokratische Hürden.“

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