Die Attraktivität des ländlichen Raumes in Südtirol
Das WIFO – Institut für Wirtschaftsforschung der Handelskammer Bozen hat im Frühjahr und Sommer 2020 insgesamt 30 Zuwanderer/innen interviewt, die eine ländliche Gemeinde in Südtirol als neuen Wohnort gewählt haben. Ziel dieser Gespräche war es, einen Eindruck zu bekommen, was den ländlichen Raum aus Sicht der zugewanderten Personen attraktiv macht und in welchen Bereichen es noch Verbesserungspotenzial gibt.
Jedes Jahr kommen mehr Menschen nach Südtirol als Personen durch Abwanderung das Land verlassen. Der ländliche Raum in Südtirol (d.h. Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohner) bietet den Zuwanderer/innen dabei andere Standortfaktoren als die zentralen Ballungsorte des Landes. Aus den Interviews geht hervor, dass diese Standortfaktoren - abhängig von den persönlichen Erfahrungen der zugewanderten Personen - sowohl positiv als auch negativ bewertet werden können. So stellten beispielsweise die Aspekte Arbeitssuche, Wohnungssuche oder Bürokratie für einige Zuwanderer/innen eine Herausforderung dar, wohingegen die gleichen Anforderungen für andere problemlos waren. Die Bewertung des ländlichen Raumes in Südtirol hängt dabei entscheidend von den persönlichen Erwartungen, dem Herkunftsland und der beruflichen Qualifikation der zugewanderten Personen ab. Außerdem erleben jene Befragten, die eine/n Südtiroler Partner/in haben, den Umzug nach Südtirol und die Integration in die Dorgemeinschaft häufig einfacher als Zuwanderer/innen ohne Südtiroler Partner/in.
Vor- und Nachteile des ländlichen Raumes
Zusammenfassend kann der ländliche Raum in Südtirol unter anderem mit einer hohen Lebensqualität, der Ruhe und der schönen Landschaft punkten. Ein Manko stellt jedoch die Erreichbarkeit dar: In einigen Gemeinden ist die Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz – vor allem in den Abendstunden – nicht zufriedenstellend, wodurch man für berufliche und private Fahrten auf das eigene Fahrzeug angewiesen ist. Außerdem gibt es in den ländlichen Gemeinden weniger Kulturangebote und Einkaufsmöglichkeiten als in einer Stadt, was allerdings nicht unbedingt von allen negativ bewertet wird, sondern als normal für den ländlichen Raum gesehen wird.
Zukünftige Herausforderungen
Es ist wichtig, den ländlichen Raum in Südtirol weiterhin für Zuwanderer/innen und die einheimische Bevölkerung attraktiv zu halten und die zunehmende Abwanderung vom Land in die urbanen Zentren zu verringern. Dafür sind unter anderem eine flächendeckende Abdeckung mit Breitbandinternet sowie ein Ausbau des öffentlichen Verkehrsnetzes notwendig. Gleichzeitig ist es wichtig, die im ländlichen Raum angesiedelten Unternehmen und Geschäfte stärker zu unterstützen, um deren Schließung bzw. Umsiedlung in die Ballungszentren zu vermeiden. Nur somit können wertvolle Arbeitsplätze im ländlichen Raum erhalten und die Nahversorgung garantiert werden.
Online frei verfügbar
Der WIFO-Bericht „Die Attraktivität des ländlichen Raumes in Südtirol – Die Sicht der Zuwanderer“ steht online zum Download bereit.
Womit kann der ländliche Raum in Südtirol punkten?
Ausgewählte Zitate der befragten Zuwanderer/innen
- „Die Lebensqualität ist in Südtirol sehr gut.“
- „Der Kontakt zwischen den Personen ist direkter. Es kennen sich mehr oder weniger alle.“
- „Ich mag die kleinen Gemeinden, weil es weniger Verkehr und mehr Ruhe gibt.“
- „Die Infrastruktur funktioniert und darin liegt die Attraktivität, nicht nur für mich als Einzelperson oder Familie, auch für den Handel, die Industrie und die Wirtschaft insgesamt.“
- „Wenn man Sport betreibt, ist Südtirol super.“
- „Der Lebensrhythmus ist sehr angenehm. Wir haben einen guten Ausgleich im Verhältnis zu den urbanen Knotenpunkten.“
- „Wenn Sie auf dem Land leben, fühlen Sie sich schon ein bisschen wie im Urlaub.“
- „Man ist hier schnell in den Bergen und im Winter schnell im Skigebiet.“
- „Das Schulsystem kann ich bis jetzt nur loben.“
- „Man kann in Südtirol sowohl die deutsche als auch italienische Kultur leben.“