Die Zukunft der Almwirtschaft
Die Almwirtschaft im Alpenraum erfüllt nach wie vor viele wichtige ökonomische, ökologische und gesellschaftliche Funktionen. Das WIFO hat die aktuellen Strukturdaten, die größten Herausforderungen sowie die Chancen für eine zukunftsfähige Almwirtschaft untersucht.
Das WIFO – Institut für Wirtschaftsforschung der Handelskammer Bozen hat für seinen Bericht zum einen die verfügbaren Sekundärdaten (insbesondere des Amtes für landwirtschaftliche Informationssysteme – LAFIS) ausgewertet und zum anderen im Frühjahr 2022 eine repräsentative Online-Befragung bei 420 aktiven Almbetrieben (29,4 Prozent aller Betriebe) durchgeführt.
Daten zur Almwirtschaft
Im Jahr 2021 wurden mehr als 86.000 Rinder, Ziegen und Schafe auf über 1.500 Almen in Südtirol und einer Nettoweidefläche von rund 70.000 Hektar gehalten. Bewirtschaftet werden die Almen von gut 1.400 Almbetrieben, welche sich auf 78,4 Prozent Landwirte bzw. Unternehmen, 17,5 Prozent Agrargemeinschaften (z.B. Interessentschaften) und 4,1 Prozent öffentliche Körperschaften (z.B. Gemeinden) aufteilen. Die meisten Almbetriebe sind im Pustertal, in der Bezirksgemeinschaft Salten-Schlern und im Eisacktal vorzufinden. Überraschend ist, dass ein Drittel der Almbetriebe eine Almfläche von weniger als 5 Hektar bewirtschaftet. Auf der anderen Seite hat jeder zehnte Almbetrieb eine Fläche von über 100 Hektar. Die Südtiroler Almbetriebe haben im Jahr 2021 rund 33,1 Millionen Euro an Einnahmen erzielt, wobei die große Bedeutung der öffentlichen Förderungen mit rund 15 Millionen Euro hervorsticht. Ein Viertel der Einnahmen stammt dagegen, insgesamt gesehen, aus dem Viehauftrieb und ein Fünftel aus dem Ausschank.
Stimmungsbild
Das Stimmungsbild unter den befragten Almbetrieben ergibt, dass sie derzeit insbesondere vor zwei großen Herausforderungen stehen. Ein überraschendes Ergebnis ist, dass 78,8 Prozent der Almbetriebe Schwierigkeiten haben, sich ausreichend um die Weidepflege zu kümmern. Entsprechend gibt mehr als Hälfte der Befragten an, dass die Verbuschung bzw. Verwaldung der Almflächen in den letzten Jahren zugenommen hat. 80 Prozent der Almbetriebe sehen erwartungsgemäß die Rückkehr des Großraubwildes als eine der größten Herausforderungen an. Als Maßnahmen zum Schutz vor dem Großraubwild fordern die Almbetriebe in erster Linie eine Bestandsregulierung, die Entnahme von Problemtieren und die Schaffung von wolfsfreien Zonen, während Maßnahmen zum Herdenschutz ihrer Meinung nach weniger relevant sind.
Ausblick
Mit Blick auf die Zukunft ist jeder vierte Almbetrieb der Meinung, dass seine Alm in den nächsten 10 Jahren aufgrund der angesprochenen Herausforderungen nicht mehr bewirtschaftet wird. Landwirte bzw. Unternehmen, die hauptsächlich kleinere Betriebe führen, blicken etwas pessimistischer in die Zukunft als die Agrargemeinschaften bzw. öffentlichen Körperschaften. Trotzdem erkennen die Almbetriebe auch Chancen, z.B. in der Vermarktung der eigenen, hochwertigen Almprodukte oder der Schaffung neuer, touristischer Angebote.
Handlungsempfehlungen für eine zukunftsfähige Almwirtschaft in Südtirol
- Erwerbsmöglichkeiten für die Berglandwirtschaft ausweiten und auch die gesellschaftlichen Leistungen der Almbetriebe entgelten: Die finanzielle Förderung des Tierauftriebes ist entscheidend für den Erhalt der Almen. Allerdings braucht es auch weitere Maßnahmen, wie z.B. die Direktvermarktung der eigenen Produkte oder den Urlaub auf dem Bauernhof.
- Entnahme von Großraubwild ermöglichen und gleichzeitig Sensibilisierung für und die Förderung von Herdenschutz: Der Wolf gehört zu den aktuell größten Bedrohungen für die Tiere auf der Alm. Da er nicht mehr vom Aussterben bedroht ist, sollten die rechtlichen Rahmenbedingungen angepasst werden, um eine Bestandsregulierung zu ermöglichen. Gleichzeitig wird aber auch der Herdenschutz immer wichtiger werden.
- Rahmenbedingungen und Anreize für Weidepflege verbessern: Gerade die vielen kleinstrukturierten Almbetriebe haben nicht die zeitlichen und finanziellen Ressourcen, um sich umfassend um die Weidepflege zu kümmern. Es ist daher sinnvoll, dass Kleinbetriebe verstärkt zusammenarbeiten.
Download
Die WIFO-Studie liegt in der Handelskammer Bozen in Papierform auf oder steht auf der Website zum Download bereit.