Handelskammer Bozen

Studie zu Betriebsneugründungen und -nachfolgen vorgestellt

Data: 
Donnerstag, 31. März 2016
Uhrzeit: 

Auf den ersten Blick scheint die Gründungsdynamik in Südtirol nur schwach ausgeprägt zu sein. Mit einer durchschnittlichen Rate von fünf Neugründungen je 100 aktive Unternehmen ist Südtirol Schlusslicht in Italien. Die heute vorgestellte Studie des WIFO – Institut für Wirtschaftsforschung der Handelskammer Bozen zeigt aber auf, dass hohe Gründungszahlen wenig über die wirtschaftliche Entwicklung oder Wettbewerbsfähigkeit einer Region aussagen. So weist Südtirol die geringste Schließungsrate Italiens auf und über die Hälfte (54 Prozent) der Neugründungen überlebt die ersten fünf Jahre, deutlich mehr als im nationalen (50 Prozent) und europäischen Vergleich (46 Prozent). Außerdem sind alle Formen der unternehmerischen Initiative wichtig. Neben Neugründungen spielen dabei vor allem Unternehmensnachfolgen eine zentrale Rolle. Sowohl bei Betriebsneugründungen als auch bei -nachfolgen ist es entscheidend, die Überlebensfähigkeit durch gezielte Beratung und Qualifizierung zu stärken.

Neugründungen und Nachfolgen sind die wichtigsten Formen der unternehmerischen Initiative. Von den 2.167 neuen aktiven Eintragungen der gewerblichen Wirtschaft des Jahres 2012 in das Handelsregister der Handelskammer Bozen sind 1.278 Neugründungen und 360 Unternehmensnachfolgen. Bei den restlichen Eintragungen handelt es sich um Joint-Ventures oder Fusionen sowie um weitere Ereignisse wie zum Beispiel der Rechtsformwechsel von bereits bestehenden Unternehmen. Die Nachfolgen selbst teilen sich zu etwa gleichen Teilen in familieninterne Nachfolgen, das heißt Übergänge innerhalb eines Familienverbundes (163) sowie familienexterne Nachfolgen (197) auf.
Betriebsneugründungen und -nachfolgen weisen einige Gemeinsamkeiten aber auch viele Unterschiede auf. Beispielsweise sind Neugründer/innen deutlich häufiger als Dienstleister und im Handel tätig, während sich zwei Drittel der Nachfolgen im Gastgewerbe abspielen.
Neugründungen starten meist klein, häufig sogar als nebenberufliche Tätigkeit, während Nachfolgen bereits bestehende und damit auch größere Unternehmen weiterführen. Während nur jede fünfte Neugründung mehrheitlich von einer Frau geführt wird, steigt dieser Anteil bei den Nachfolgen auf 40 Prozent. Außerdem zeigt sich, dass ein Viertel aller Neugründungen und familienexternen Nachfolgeunternehmen mehrheitlich von Personen mit Geburtsort im Ausland geführt wird. Bei den familieninternen Nachfolgen beträgt dieser Anteil hingegen nur zwei Prozent.
Die große Mehrheit der familieninternen Nachfolger/innen (65 Prozent) sieht die Aufrechterhaltung der Familientradition als wichtigsten Beweggrund für den Schritt in die Selbstständigkeit. Da hier persönliche Fähigkeiten und Interessen zum Teil in den Hintergrund gestellt werden, ist dies durchaus kritisch zu bewerten. Besorgniserregend ist auch, dass ein relativ hoher Anteil von Neugründer/innen und familienexternen Nachfolger/innen (15 Prozent) die Selbstständigkeit aufgrund einer drohenden Arbeitslosigkeit gewählt haben.
Ein wichtiger Aspekt für den erfolgreichen Schritt in die Selbstständigkeit ist die Finanzierung. Betriebsneugründungen und -nachfolgen finanzieren sich hauptsächlich durch Eigenmittel. Vergleichsweise wenige Neugründer/innen und Nachfolger/innen können sich dagegen durch Bankkredite finanzieren, wobei der Finanzbedarf bei den familieninternen Nachfolgen, zum Beispiel aufgrund von Investitionsstaus, am höchsten ist. Außerdem stuft der Großteil der Empfänger von öffentlichen Förderungen diese als wichtigen Teil der Finanzierung ein.
Es wäre deshalb sinnvoll, bei Beratungen verstärkt auf die Motivation der potentiellen Neugründer/innen und Nachfolger/innen einzugehen und bei kritischen Beweggründen deutlicher auf die Gefahren des Schrittes in die Selbstständigkeit hinweisen. Außerdem gilt es, den Zugang zu Fremdkapital zu vereinfachen und die öffentliche Förderung als wichtigen Baustein der Unterstützung beizubehalten. Handelskammerpräsident Michl Ebner betont: „Frauen als Unternehmerinnen spielen in der Südtiroler Wirtschaft immer noch eine zu geringe Rolle. Vor allem bei den Neugründungen besteht noch ein großer Aufholbedarf.“
Die vollständige WIFO-Studie liegt in der Handelskammer in gedruckter Form auf und steht auf der Webseite www.handelskammer.bz.it zum Download bereit. Ansprechpartner für diese Publikation ist Urban Perkmann, Tel. 0471 945 718, E-Mail: urban.perkmann@handelskammer.bz.it.

Gruendungs- und Schließungsraten nach Gebieten