Handelskammer Bozen
Die richtigen Jobs für unsere Jugendlichen

Die richtigen Jobs für unsere Jugendlichen

Studie des WIFO
Datum:  Mai 2024

In einer Studie hat das WIFO - Institut für Wirtschaftsforschung der Handelskammer Bozen die Erwartungen der Südtiroler Jugendlichen an ihren idealen Arbeitsplatz untersucht und am Beispiel ausgewählter Berufe veranschaulicht.

Für die Studie wurden in Zusammenarbeit mit dem Südtiroler Jugendring und anderen Jugendorganisationen im Frühjahr 2023 über 2.000 Südtiroler Jugendliche zwischen 14 und 30 Jahren befragt und Experteninterviews durchgeführt. Dabei wurde ein innovatives statistisches Verfahren, die adaptive Conjoint-Analyse, eingesetzt. Die Conjoint-Analyse ist eine Forschungstechnik, mit der die Präferenzbildung gegenüber einem Produkt, in unserem Fall einen Arbeitsplatz, nachvollzogen wird. Die Methode beruht auf der Annahme, dass junge Menschen einen Arbeitsplatz anhand seiner Eigenschaften umfassend bewerten. Ein wesentliches Ziel der Studie war es zu verstehen, was sich die Südtiroler Jugendlichen von ihrem Arbeitsplatz erwarten. Die Befragung der Jugendlichen zeigt, dass das Arbeitsklima und das Gehalt mit jeweils rund 20 Prozent Anteil an der Gesamtwichtigkeit die entscheidenden Eigenschaften bei der Wahl des Arbeitsplatzes sind. Die Bedeutung dieser Eigenschaften zeigt sich auch darin, dass ein schlechtes Arbeitsklima für 3 von 10 Jugendlichen ein ausreichender Grund ist, ein Stellenangebot abzulehnen oder ein bestehendes Arbeitsverhältnis zu beenden. Ebenso schließt jeder fünfte Jugendliche kategorisch eine Beschäftigung mit einem Verdienst von 1.400 Euro aus. Ein schlechtes Arbeitsklima oder ein niedriges Gehalt kann dementsprechend nicht immer durch andere positive Eigenschaften kompensiert werden.

Allerdings spielen auch andere Aspekte wie das Verhältnis zu den eigenen Vorgesetzten eine wichtige Rolle, gefolgt von der Art des Arbeitsvertrages (saisonal, befristet oder unbefristet) und den Karrieremöglichkeiten. Im Vergleich dazu scheinen die Weiterbildungsmöglichkeiten, die Arbeitszeiten (regelmäßig oder unregelmäßig) sowie die Übernahme von Verantwortung weniger wichtige Kriterien bei der Wahl des Arbeitsplatzes zu sein. Unabhängig von den spezifischen Anforderungen an den Arbeitsplatz fordern die Südtiroler Jugendlichen ausreichend Zeit für Familie und Freizeit, eine eigene Wohnung und eine gute medizinische Versorgung. Danach folgen Mobilitätsaspekte wie die Anbindung des eigenen Wohnortes und die Erreichbarkeit des Arbeitsplatzes mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Knapp zwei Drittel der Jugendlichen können sich auch vorstellen, aus beruflichen Gründen aus Südtirol wegzuziehen, vor allem wenn sich dadurch interessante Arbeits- und Karrieremöglichkeiten sowie ein höheres Gehalt ergeben.

Das Arbeitsklima und das Gehalt sind die entscheidenden Faktoren

Aus den Ergebnissen der Studie lassen sich eine Reihe von Herausforderungen ableiten:

Motivierendes Arbeitsklima schaffen:
Arbeitgeber müssen erkennen, dass das Arbeitsklima ein wichtiger Hebel zur Steigerung der Attraktivität des Arbeitsplatzes ist. Die Schaffung eines guten Arbeitsklimas „kostet“ nichts und sollte grundsätzlich in jedem Unternehmen möglich sein.

Auch das Gehalt ist ein zentrales Entscheidungskriterium bei der Arbeitsplatzwahl:
1.400 Euro netto pro Monat gilt als Mindesteinkommen für die Jugendlichen. Rund ein Viertel der Beschäftigten in der Südtiroler Privatwirtschaft verdient jedoch weniger (ASTAT, 2023). Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Aussicht auf ein höheres Einkommen einer der Hauptgründe für die Abwanderung aus Südtirol ist.

Das Image einiger Berufe entspricht nicht der Realität:
Es zeigt sich, dass einige Berufe wie beispielsweise der Lehrerberuf und der Beruf des Bauarbeiters bei den Jugendlichen ein sehr schlechtes Image haben, obwohl sie von den Expert/innen als attraktiv eingeschätzt werden. Hier ist Aufklärungsund Sensibilisierungsarbeit seitens der Verbände und Jugendorganisationen notwendig.

Die Rahmenbedingungen einiger Berufe müssen verbessert werden:
Die Umfrage hat gezeigt, dass einige Berufe nicht nur von den Jugendlichen, sondern auch von den Expert/innen schlecht bewertet werden, insbesondere Kellner/in und Köch/in. Neben der Entlohnung und dem Arbeitsklima müssen in diesen Berufen auch andere Aspekte wie die Arbeitszeiten und Arbeitsverträge verbessert werden. 

Individuelle Bedürfnisse und Wünsche berücksichtigen:
Nicht alle Jugendlichen ticken gleich, wenn es um den Arbeitsplatz geht. Dementsprechend müssen Arbeitgeber die unterschiedlichen Wünsche in Bezug auf Gehalt, Karriere, Weiterbildung oder Arbeitsklima ebenso berücksichtigen wie die individuelle Lebensplanung und Familiensituation - und dies möglichst frei von Stereotypen oder Vorurteilen, denn die Unterschiede lassen sich nicht auf Geschlecht, Sprachgruppe oder andere sozioökonomische Faktoren zurückführen.

Jugendliche fordern auch attraktive Rahmenbedingungen:
Viele Jugendliche spielen mit dem Gedanken, Südtirol aus beruflichen Gründen zu verlassen, auch weil der Wunsch nach einem eigenen Haus oder einer eigenen Wohnung in Südtirol schwer zu realisieren ist. Die Schaffung von leistbarem Wohnraum ist daher eine besondere Herausforderung für Politik und Verwaltung.

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