Gutsbrennerei Walcher
In der Gutsbrennerei Walcher brennt der Brennmeister nicht mehr selbst, sondern der Computer sagt, wann das „Gute“ kommt. Trotzdem ist der Mensch laut Firmenchef Theo Walcher nicht ersetzbar.
Herr Walcher, Schnapsbrennen und Digitalisierung passen auf den ersten Blick nicht zusammen?
Auch in der Destillationstechnik hat der Computer Einzug gehalten. Wir waren die erste Brennerei in Südtirol, die mit Computern gearbeitet hat, das war 1993.
Brennen per Computer?
Es heißt immer, der Brennmeister muss den richtigen Zeitpunkt spüren. Man war anfangs skeptisch, aber mittlerweile ist das gang und gäbe. Wer das nicht hat, kann nicht mithalten. Wo wir es als sinnvoll betrachten und die Kosten- Nutzen-Rechnung aufgeht, digitalisieren wir.
Wie kann man sich einen digitalen Brennmeister vorstellen?
Wir arbeiten mit einer Rezeptur für jedes Produkt und gehen standarisiert vor. Das setzt voraus, dass ich die Vergärung entsprechend steuere, zum Beispiel über die Temperatur. Der Computer sagt mir beim Brennen dann, wann das „Gute“ kommt.
Welche Rolle spielt die Digitalisierung im Vertrieb Ihrer Brennerei?
Onlineverkäufe sind auch im Spirituosenbereich stark im Steigen. Aufgrund von verschiedenen Alkoholsteuersätzen in den einzelnen Ländern der EU ist der freie Warenverkehr für Spirituosen innerhalb der EU nicht möglich. Aus diesem Grund ist es nur sehr begrenzt möglich, aus Südtirol online in die gesamte EU zu verkaufen. Wir bauen deshalb auch in Zukunft auf die Zusammenarbeit mit unseren Partnern vor Ort.
Diese kontinuierliche digitale Umstellung ist kostenintensiv. Gibt es dafür Unterstützung?
Die Wichtigste ist nicht die Förderung, sondern dass wir uns am Markt behaupten können. Dann werden wir auch die Mittel und Wege finden, die Innovation zu finanzieren. Wenn wir dabei unterstützt werden, umso besser. Innovation ist auch etwas für Kleinbetriebe, Innovation hält konkurrenzfähig. Am Markt gewinnt nicht der Größte, sondern der Innovativste.
Ist die Digitalisierung ein Arbeitsplatzvernichter?
Im Gegenteil, die Digitalisierung ist eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Sie schafft Freiräume, damit ich die Arbeitskräfte anders einsetzen kann. So bleibe ich konkurrenzfähig und brauche morgen mehr Angestellte.
Der Alkoholverkauf ist in der Menge rückläufig, andererseits geht der Trend zu Qualität, die auch was kosten darf. Wo sind ihr Betrieb und die gesamte Branche in zehn Jahren?
Wer sagt, ich bin eine Grappabrennerei und so lebe und sterbe ich, wird nicht erfolgreich sein. Ich muss die Zeichen der Zeit vorwegnehmen, nicht nur erkennen. Wenn wir vor zehn Jahren gesagt hätten, Gin ist das fundamentale Produkt in unserem Sortiment, hätten alle gelacht. Aber wir haben das Thema Gin früh genug aufgegriffen, auch dank Kundenkontakt über digitale Kommunikation und soziale Medien und können deshalb da mitmischen.
Info
Die Gutsbrennerei Walcher in Eppan wurde 1966 von Alfons Walcher gegründet und ist bis heute in Familienbesitz. Neben Alfons‘ Sohn Theodor arbeiten auch seine beiden Brüder in den Bereichen Produktion und Logistik im Betrieb. 13 Mitarbeiter/innen produzieren einen Ausstoß von rund 900.000 Flaschen pro Jahr. Bis 2008 wurden die Spirituosen hauptsächlich regional verkauft, seit der Finanzkrise 2008 ging das Unternehmen verstärkt auf Auslandsmärkte. Heute werden rund 70 Prozent der Ware im Ausland abgesetzt, hauptsächlich im Einzel- und Fachhandel, nicht aber bei Discountern. Einzelne Auslandsmärkte hätten sich in der Coronazeit positiv entwickelt. So konnten Verkaufsrückgänge im Inland kompensiert werden und die Firma insgesamt wachsen.