Jolanda Hinteregger Kaser
Mutter, Hofbesitzerin, Vollzeitbäuerin, Dienstleisterin – Jolanda Hinteregger Kaser wusste schon früh, dass sie eines Tages gerne den Familienhof übernehmen würde und lebt nun ihren Traum.
Wie bewirtschaften Sie den geschichtsträchtigen Niederhubenhof in Lüsen?
Jolanda Hinteregger Kaser: Den Hof gibt es schon seit 1703, seit den achtziger Jahren ist es ein Erbhof und seit zehn Jahren bin ich die Hofbesitzerin, wobei meine Eltern bei uns am Hof leben. Wir haben 18 Milchkühe, neun Hektar Feld und an die 40 Hektar Wald. Während ich als Vollzeitbäuerin arbeite, ist mein Mann Alex Landesangestellter beim Straßendienst. Sowohl er als auch meine Eltern helfen in der Landwirtschaft mit.
Klingt nach viel Arbeit, aber Sie müssen also nicht alles selbst stemmen?
Arbeit gibt es immer, klar, mit den Kindern und im Haushalt, am Hof sowieso, im Sommer natürlich mehr als im Winter. Fünf bis sechs Stunden am Tag nehmen nur die Tiere in Anspruch. Landwirtschaft ist schon eine aufwändige Arbeit und ohne familiären Zusammenhalt und Unterstützung nur schwer zu bewältigen. So gesehen ist es angenehm, wenn man sich gewisse Arbeiten auch aufteilen und im Notfall auch jemand mal aushelfen kann. Natürlich beherrsche und bediene ich die meisten landwirtschaftlichen Maschinen, und früher dachte ich, immer alles selbst machen zu müssen, aber mittlerweile kann ich gerne auch Hilfe annehmen und mir eingestehen, dass ich körperlich an die Grenzen komme.
Sie bieten auch kulinarische Dienstleistungen an und wenn man sich Ihre Homepage ansieht, läuft einem das Wasser im Mund zusammen …
Als die Kinder ein bisschen größer waren, verspürte ich einfach das Verlangen, mir eine neue Herausforderung zu suchen. Also habe ich bei der Südtiroler Bäuerinnenorganisation eine Ausbildung für „Bäuerliches Buffet“ gemacht. Für den Eigengebrauch haben wir zu viele Erzeugnisse, für den Verkauf aber zu wenig, wäre ja schade um die Produkte, sie also für Caterings, Brunchboxen oder Genusspakete zu nutzen, schien ideal. Investitionen habe ich zunächst keine getätigt, sondern ich bin einfach im Kleinen losgestartet.
Und wie kommt’s an?
Sehr gut, Fingerfood und 0-Kilometer-Produkte scheinen gefragt zu sein, das Bewusstsein der Menschen und die Wertschätzung für lokale, bäuerliche Erzeugnisse haben sich schon sehr verändert in den vergangenen Jahren. Wir verarbeiten fast ausschließlich unsere Hofprodukte, unsere Milch, unser Fleisch, unseren Honig, Nüsse, Obst und Gemüse je nach Saison, backen Brot und Krapfen.
Ein vielversprechendes Geschäftsmodell also?
Es steckt schon viel Arbeit dahinter, bei der mich meine Mutter unterstützt. Manchmal stehe ich um ein Uhr in der Früh auf, um ja pünktlich abliefern zu können, darauf lege ich nämlich großen Wert. Sollten sich die Anfragen häufen, müssten wir gegebenenfalls entsprechende Investitionen andenken, zum Beispiel professionelle Geräte anschaffen etwa. Meine Hauptarbeit und meine Leidenschaft sind ja immer noch der Hof, ich finde aber auch die Nebenerwerbstätigkeiten interessant und befriedigend, vor allem, weil man unter Leute kommt. Neben dem Catering halte ich auch Backkurse ab oder Workshops in den Schulen mit anderen Bäuerinnen im Rahmen des Projekts „Wertvolle Lebensmittel erleben“.
Haben Sie noch Ruhephasen?
Mein Tagesablauf sieht vor, dass ich um halb fünf Uhr aufstehe, dann geht’s ab in den Stall, anschließend bereite ich den Kindern das Frühstück zu, dann fällt die übliche Hof- und Hausarbeit an, bis ich um etwa acht Uhr abends ins Bett gehe – ein 12 bis 14 Stundentag ist eigentlich die Regel. Aber ich kann auch nicht anders, einfach mal faul auf der Haut zu liegen, ist nicht wirklich meins, da gehe ich dann schon lieber raus in die Natur, um mal abzuschalten und Energie zu tanken.
Info
Jolanda Hinteregger Kaser, Jahrgang 1980, verheiratet und Mutter von drei Kindern zwischen neun und 15 Jahren, hat den Erbhof Niederhuben in Lüsen übernommen. Neben ihren arbeitsintensiven Tätigkeiten in der Landwirtschaft und dem Haushalt, hat sich die Bäuerin aus Leidenschaft noch weitere Standbeine geschaffen, wie das Abhalten von Backkursen oder Workshops in Schulen. Nicht zuletzt bietet sie seit einiger Zeit vermehrt bäuerliches Catering und weitere kulinarische Dienstleistungen an.