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Die Orangerie von Bozen
Bozen war bis zum Ersten Weltkrieg eine sehr schöne Stadt mit herrlichen Gärten und von blühenden Hängen umgeben. Die Gebäude und die privaten und öffentlichen Grünflächen standen in harmonischem Bezug zueinander und konnten im Sommer die Hitze in der Stadt, die in einer Caldera aus Porphyr entstanden war, lindern.
Im 18./19. Jahrhundert standen in vielen Bozner Gärten Orangerien bzw. Gewächshäuser, die der landwirtschaftlichen Produktion von Zitrusfrüchten dienten und ihren Besitzern ästhetisch und botanisch Freude bereiten sollten. Es ist noch nicht geklärt, wann die ersten Zitronen- und Pomeranzenbäume nach Bozen kamen, aber es ist anzunehmen, dass die Nähe der großen und ertragreichen Limonaie am Westufer des Gardasees die Bozner Kaufleute, die gewöhnlich auch große Grundstücke besaßen, schon bald zur Nachahmung anregte.
Die Orangerien in Bozen wurden nach dem Vorbild der Limonaie am Gardasee errichtet, enthielten aber angesichts des besonderen Klimas der Stadt auch Bauelemente, die für Gewächshäuser nördlich der Alpen üblich waren.
Sie bestanden auf drei Seiten aus robust erbauten Mauern und im Winter aus großen, nach Süden gerichteten Glasfenstern. Im Herbst wurden die Orangerien mit Holzdächern abgedeckt und am Ende des Frühlings wieder freigelegt. Im Winter konnten die Orangerien auch mit Öfen und Heizkanälen geheizt werden. Die Gewächshäuser, vor allem jene in den Gärten der Adelsfamilien, übten einen großen ästhetischen und sinnesbetörenden Zauber aus: Das Wandeln zwischen grünen Bäumen und dem Duft der Agrumen ließ den Winter vergessen und die Mythologie mit den Hesperiden wieder erwachen.
Heute ist von diesen Orangerien nichts mehr zu sehen. Es bleiben gedruckte Abbildungen, Fotografien, Postkarten, in Archiven aufbewahrte Projekte und Dokumente, die den Bau von Orangerien im Park der Grafen Toggenburg, in Schloss Klebenstein, am Heinrichshof, im Moser’schen Garten, in den Gärten des Grafen Hugo von Goldegg, im Palais Campofranco, in der Villa Aufschnaiter, im Hepperg’schen Garten oder etwa im Franziskanerkloster und im Benediktinerstift Muri Gries belegen. Laut dem Franziszäischen Kataster aus dem 1858 gab es in Bozen etwa fünfzig Orangerien.
Noch bis zum 28. September findet im Merkantilmuseum die Sonderausstellung "Zitrusfrüchte in Bozen" statt.