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Der Merkantilmagistrat und die ephemere Architektur
Im 17. und 18. Jahrhundert bestand der Höhepunkt des gesellschaftlichen Lebens an den wichtigsten Höfen Europas in Frankreich, Italien und Österreich in prunkvollen Festen. Dabei handelte es sich nicht nur um Festessen mit musikalischer Umrahmung, sondern um grandiose Veranstaltungen mit Schauspielern und Musikern, Wasserspielen und Feuerwerken, oder Paraden durch die Straßen der Stadt, damit auch die einfachen Bürger und Bürgerinnen an den Festen teilhaben konnten.
Anlässe gab es zur Genüge: Geburten, Hochzeiten, Taufen in fürstlichen Familien, Einzüge und Besuche von Königen und Kaisern oder kirchliche Prozessionen. Zweck dieser sogenannten Festkultur war es vor allem, sich zur Schau zu stellen, öffentlich Reichtum und Macht zu zeigen und somit das eigene Gefolge zu erweitern. Oft wurden diese Feste auch von wohlhabenden Familien, Gemeinderäten oder wichtigen Institutionen der Stadt als Dank an die Herrschenden für politische „Gefälligkeiten“ finanziert.
An den Festtagen verwandelten sich die Städte: Die Fassaden der Paläste, die Innenhöfe und Räume der luxuriösen Paläste wurden wie große Bühnen oder Tribünen prächtig verziert. Unter anderem wurden auch feierliche Bauten wie Bögen oder Pforten aus Holz oder Pappmaschee errichtet. Für die Planung dieser sogenannten ephemeren Architekturen waren gewöhnlich Architekten oder Baumeister, bisweilen aber auch Künstler zuständig.
Im Barock entstanden dabei vor allem zu herrschaftlichen Anlässen die sogenannten Ehrenpforten, in Anlehnung an die Triumphbögen aus der römischen Kaiserzeit.
Vermutlich finanzierte auch der Merkantilmagistrat als bedeutende Institution der Stadt zu besonderen Anlässen solche Bauten. Im Merkantilmuseum ist die Abbildung der Ehrenpforte zu sehen, die 1666 anlässlich des Besuches in Bozen von Margarita Theresa von Österreich, Tochter des spanischen Königs Philipp IV. und Braut des Kaisers Leopold I., errichtet worden war.
Aber wo steht dieser Bogen? Da liefert uns die Bezeichnung „ephemere Architektur“ einen wichtigen Hinweis: Es handelte sich um vorläufige Bauten, die absichtlich aus vergänglichem Material geschaffen wurden. Nach den Festlichkeiten wurden diese Bauten wieder abgebaut, später wieder verwendet oder ganz einfach verbrannt und zerstört. Die Gemälde und Drucke dieser Zeit, wie sie im Merkantilmuseum zu sehen sind, sind bisweilen die einzigen historischen Zeugnisse dieser besonderen Festbauten. Der im Merkantilmuseum aufbewahrte Druck zeigt uns die Pforte zu Ehren von Margarita Theresa: Diese stand wahrscheinlich am Anfang der Lauben, der Marktgasse der Stadt, und war mit Statuen, Allegorien, Sprüchen und Widmungen verziert. Auf dem Bogen thronte eine Säule mit der Erdkugel, ein klarer Verweis auf das Wappen des Merkantilmagistrats.
Den Unterlagen des Magistrats entnehmen wir, dass auch die Maler Johann und Jakob Aigner aus Innsbruck sowie Antonio Zeni aus Tesero und Handwerker wie der Baumeister und Stadtarchitekt Giacomo Delai aus Bozen am Bau mitwirkten. Die Gesamtausgaben beliefen sich auf 1.932 Gulden.
Ein wichtiges und imposantes Werk, von dem uns nur eine kleine und eben „ephemere“ Spur verblieben ist.