Chamber of Commerce of Bolzano
Nikolaus Widmann

inewa

Mit Plan und Strategie CO2-neutral werden

Wie schaffen Unternehmen den Sprung zur CO2-Neutralität? Welche Hürden und welche Instrumente gibt es? Fragen, die wir Nikolaus Widmann, CEO des Energiedienstleisters inewa gestellt haben.

Klimawandel, Energiekrise, Pandemie: Gesellschaftlich stecken wir im Umbruch. Befeuert dieser Umbruch auch ein Umdenken in Sachen CO2-Emissionen?
Nikolaus Widmann: Ich denke, die Frage, ob wir einfach so weiterleben können, hat in den letzten Jahren zu einer immer klareren Antwort geführt: nein. Auch immer mehr Unternehmen sind sich dessen bewusst und suchen verstärkt nach einem Sinn in ihrem Handeln.  

Und sein Unternehmen in die CO2-Neutralität zu führen, wäre so ein Sinn?
Ein Sinn und gleichzeitig ein wirtschaftlicher Vorteil. Schließlich senkt die Energiewende in einem Betrieb die Kosten für Energie und CO2. Dazu schafft man einen Mehrwert, hat Vorteile bei der Rekrutierung von Personal, hebt sich am Markt ab und hat  leichteren Zugang zu Finanzierungen, weil auch Banken immer öfter eine Nachhaltigkeitsstrategie verlangen. Gelingt einem Unternehmen die Energiewende also, bevor sie zum Standard wird, verschafft es sich in vielfacher Hinsicht einen Wettbewerbsvorteil.

Nun ist „Energiewende“ nicht nur ein großes Wort, sondern auch ein großes Unterfangen für die Unternehmen. Wo setzt man da überhaupt an?
Es gibt bereits Standards, an denen man sich orientieren kann. Diese zu erfüllen, ist allerdings das absolute Minimum und viele nutzen diese minimalen Veränderungen zu Werbezwecken und betreiben sogenanntes Greenwashing. Für alle – für Unternehmen, Gesellschaft und Umwelt – ist es sinnvoller, wenn Unternehmen ein Gesamtkonzept entwickeln, anstatt nur punktuell zu intervenieren. Allerdings müssen sie dann auch den Mut haben, das Konzept in die Realität umzusetzen.

Und daran scheitert es oft?
Für viele sind die komplexe Rechtslage und der bürokratische Aufwand eine Hemmschwelle, allerdings können sie sich hier von Experten helfen lassen. Einige schrecken auch vor dem mit der Energiewende verbundenen Investitionsaufwand zurück, aber auch dafür gibt es Lösungen.

Bevor wir darauf zu sprechen kommen: Wie können wir uns den Prozess einer strategischen Planung der Energiewende überhaupt vorstellen?
Zuerst wird der Ist-Zustand analysiert, danach werden Potentiale zur Energieeinsparung aufgedeckt. Schließlich ist es sinnvoller, Energie erst gar nicht produzieren – und bezahlen! – zu müssen, selbst wenn es grüne Energie ist. Kennt man die Einsparungspotentiale, weiß man auch, wie viel Energiebedarf noch verbleibt. Den gilt es dann, in einem dritten Schritt aus grünen und möglichst betriebseigenen Quellen zu decken.

Reden wir zuerst über das Einsparungspotential: Wo ist das in Unternehmen vor allem zu suchen?
Meist wird Energie durch überkommene Strukturen verschwendet. Das kann bei Lampen anfangen und über alte, überdimensionierte Anlagen bis hin zu schlecht geführten Maschinen führen. Kurz: Das ganze System ist zu überdenken.

Und wie sieht es mit dem Decken des restlichen Energiebedarfs aus? Sie haben vorhin von „betriebseigenen Quellen“ gesprochen.
Ich denke hier vor allem an die Photovoltaik, aber auch an Wärmepumpen und Bioenergie. Unternehmen können solche Anlagen selbst stemmen oder sie – wie ich bereits angesprochen habe – von einer ESCo, also einem Energie-Dienstleister, finanzieren lassen. In einem solchen Fall errichtet die ESCo die Anlage, im Gegenzug sichert sich das Unternehmen grüne Energie zu langfristig, also etwa 20 Jahre festgeschriebenen Kosten. Das schafft Planungssicherheit und Unabhängigkeit von extrem volatilen Märkten.

Es sind also letztendlich auch und vor allem wirtschaftliche Vorteile?
Ich rede in diesem Zusammenhang immer von „rationaler Nachhaltigkeit“. Das heißt nichts anderes, als dass eine Strategie zur CO2-Neutralität nur dann sinnvoll ist, wenn sie neben den positiven Auswirkungen für Gesellschaft und Umwelt auch für die Unternehmen selbst greifbare Vorteile hat.

Info

Nikolaus Widmann, geboren 1992 in Bozen, hat in den Niederlanden Wirtschaft und Informatik studiert. In Berlin arbeitet er zunächst für die Kofler Energies AG, in der er nach und nach in lokale und internationale Schlüsselpositionen aufsteigt. Mittlerweile pendelt er zwischen Berlin, Wien und Bozen. In Berlin hat er 2018 das Personal- und Rekrutierungsunternehmen Elephant HR Gmbh ins Leben gerufen, in Bozen leitet er den ebenfalls selbst gegründeten Energiedienstleister inewa das Unternehmen bei der Energiewende unterstützt: mit Beratungs- und Strategiearbeit ebenso wie mit gezielten Investitionen. inewa gehört zur Elevion-Gruppe und bearbeitet vor allem den italienischen und österreichischen Markt.

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