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Maria Ludovica von Spanien
Das Merkantilmuseum besitzt eine reiche Bildersammlung aus dem späten 17. Jahrhundert/Anfang 18. Jahrhundert. Es handelt sich vor allem um Porträts von Familienmitgliedern der Habsburger, die unter verschiedenen Titeln mehrere Jahrhunderte lang Tirol regiert haben und auf besondere Weise mit der Stadt Bozen und dem Merkantilmuseum verbunden sind.
Erzherzöge, Kaiser und ihre Gemahlinnen schauen mit ihren oft strengen, manchmal auch sanften oder melancholischen Blicken von den Wänden auf uns herab. Durch ihre Haltung, ihre Kleider und den Bildhintergrund vermitteln sie uns ihren sozialen Rang und ihre Rolle. Die Kleider sind prunkvoll, die Bildszenen schmuckvoll, mit kostbaren Stoffen, Säulen und Tischen verziert, auf denen Kronen und Zepter liegen.
Dieses Mal möchten wir das Porträt von Maria Ludovica von Spanien genauer betrachten. Maria Ludovica, Tochter von Karl III. von Spanien und Maria Amalia aus Sachsen, verbrachte ihre Jugend in Kampanien in den Palästen von Neapel, Capodimonte und Portici. Als der Vater zum König von Spanien gekrönt wurde, zog sie nach Madrid. Im Zuge der Heiratspolitik von Maria Theresia von Österreich, die sich an das Haus Bourbon binden wollte, wurde die Infantin mit Erzherzog Leopold verlobt, dem dritten Sohn der Kaiserin und von Franz Stephan von Lothringen. Im Februar 1764 fand die Trauung per Stellvertreter (sog. Heirat per procurationem) in Madrid unter großen Feierlichkeiten statt. Die „wahre“ Hochzeit erfolgte dann am 5. August 1765 in Innsbruck in der Pfarrkirche St. Jakob, dem heutigen Dom.
Nach den offiziellen Empfängen, den Paraden und verschiedenen Aufführungen zu Ehren des Brautpaares in Innsbruck hätten die Brautleute verreisen und für ein paar Tage in Bozen verweilen sollen. Zu diesem Anlass hatte der Merkantilmagistrat sechs Porträts von Mitgliedern der kaiserlichen Familie anfertigen lassen und eine Oper, die in Anwesenheit des Ehepaars im Merkantilgebäude aufgeführt werden sollte, in Auftrag gegeben. Die Hochzeitsreise musste jedoch abgesagt werden, da Kaiser Franz Stephan am 18. August plötzlich und unerwartet verstarb. Die Kantate „La pace di Mercurio“ von Tommaso Traetta nach Textvorlage von Zaccaria Betti wurde somit nicht aufgeführt.
Glücklicherweise können die großen Gemälde immer noch im Ehrensaal des Merkantilgebäudes bewundert werden. An der östlichen Wand hängen in wunderschönen geschnitzten und vergoldeten Rahmen des Bildhauers Christoff Rieff die Porträts von Maria Theresia und Franz Stephan und dem frischvermählten Ehepaar Leopold und Maria Ludovica. An der gegenüberliegenden Wand sehen wir die Porträts von Erzherzog Joseph (dem späteren Kaiser Joseph II.) und seiner zweiten Gemahlin Maria Josepha von Bayern.
Maria Ludovica trägt ein prunkvolles helles Kleid aus Damast mit einem enganliegenden, mit wertvollen Edelsteinen geschmückten Oberteil und dazu einen Hermelinmantel, der mit einer Brosche am Kleid fixiert ist. Auch der Schmuck ist bemerkenswert, besonders die wohl mit Diamanten besetzte Halskette, die Ohrringe und die wunderschöne Tiara. Aber dem aufmerksamen Betrachter entgeht vor allem ein kostbares Detail nicht: In der Mitte des Mieders erkennt man zwischen Juwelen und Spitzen ein Medaillon. Es handelt sich um ein miniaturhaftes Emailbild von Leopold. Wir dürfen nicht vergessen, dass dieses Porträt von Maria Ludovica anlässlich ihrer Hochzeit angefertigt worden war; daher könnte das Medaillon das erste Geschenk ihres Ehemannes gewesen sein.