Fasching im Merkantilgebäude
Der Ehrensaal war jahrhundertelang der größte und prächtigste öffentliche Saal in Bozen. Er fungierte nicht nur als Gerichts- und Repräsentationssaal, sondern bot sich auch für Konzerte, Theateraufführungen und Opern an.
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gehörte die komische Oper in Europa zu den beliebtesten Musiktheatergattungen und war in vielen Städten wie Venedig, Neapel, Paris und Wien zu sehen. Im Vergleich zur Opera seria war die komische Oper mit kleineren Instrumentalgruppen besetzt und einfacheren Bühnenbildern ausgestattet. Aufgeführt wurden Geschichten über komische Figuren aus der klassischen Komödie bzw. aus der Commedia dell'arte, wie den betrügerischen Knecht, den alten Geizkragen, den jungen Mann wohlhabender Abstammung, der sich in eine Bäuerin oder Magd verliebt.
Anton Melchior von Menz (1757-1801) ist es zu verdanken, dass diese Operngattung von Wien nach Bozen gelangte, wo sie bei den einheimischen Bürgern und Adeligen auf großen Anklang stieß. Menz, ein reicher Bozner Unternehmer und großzügiger Mäzen, beauftragte die damalige Gesellschaft der hiesigen Tonkünstler mit ihren Instrumentalisten und Sängern der Domkapelle mit der Aufführung von Opern während des Faschings, welcher vom Stephanstag bis zur Fastenzeit dauerte. Die erste Spielzeit fand im Festsaal von Palais Menz in der heutigen Mustergasse statt. Angesichts des großen Zuschauerandrangs fanden die Aufführungen in den darauffolgenden Jahren, von 1785 bis 1798, im Ehrensaal des Merkantilgebäudes statt. Dort besuchten bis zu 378 Zuschauern die mehrfachen Aufführungen der bekanntesten komischen Opern von italienischen Komponisten wie Paisello und Cimarosa ein. Die Texte der Opern wurden dabei stets ins Deutsche übertragen. Das Publikum gehörte gehobenen Ständen an, und oft befanden sich auch sehr bekannte Persönlichkeiten darunter. Am 11. Februar 1795 fuhren sogar der Erzherzog Ferdinand Karl von Österreich-Este, Generalgouverneur von Mailand, seine Gattin und die Tochter Maria Leopoldine in ihrer Kutsche vor dem Merkantilgebäude vor, wo sie mit schallendem Trompetenklang und großem Beifall empfangen wurden.
Literaturverzeichnis: Giuliano Tonini, Mäzenatentum und Musiktheater in Bozen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, in Bozen 1700-1800. Eine Stadt und ihre Kunst, Silvana Editoriale, Cinisello Balsamo, Mailand 2004