Claudia de' Medici
Claudia de' Medici kommt am 4. Juni 1604 als neuntes und letztes Kind des Erzherzogs Ferdinand I. in Florenz zur Welt. Sie wächst in einem kulturell und wirtschaftlich anregenden Umfeld im Sinne der damaligen Etikette auf und genießt eine hervorragende Ausbildung. Wie es in adeligen Familien und an europäischen Höfen Sitte ist, wird sie noch als Kind zur Ehe versprochen: Der auserwählte Bräutigam ist Federico Ubaldo della Rovere, zukünftiger Herzog von Urbino. Die Vermählung findet 1621 nach Erreichen der Ehefähigkeit statt und 1622 kommt Tochter Viktoria zur Welt. Bereits ein Jahr später verstirbt ihr junger Vater. Die Hoffnung der Medici, nach dem Tod von Federico Ubaldo das Herzogtum erben zu können, geht nicht in Erfüllung und Claudia ist gezwungen, ins Kloster zu ziehen. Doch sie ist nicht zum einsamen Witwenleben bestimmt: Ihre Schwägerin Maria Magdalena, Frau von Cosimo II., rät ihrem Bruder Leopold von Habsburg zur Vermählung mit Claudia, die über eine reiche Aussteuer und das vom verstorbenen Mann geerbte Vermögen verfügt. Leopold, der damals Bischof von Passau und Straßburg war, willigt ein und ersucht den Papst um Erlaubnis, aus dem geistlichen Stand auszutreten. Inzwischen erhält er von Kaiser Ferdinand II. Tirol als erforderlichen Länderbesitz.
Die Trauung von Claudia de’ Medici und Leopold V. von Habsburg findet 1626 per procuram in Florenz statt. Die Braut, die nun Erzherzogin ist, und ihr Gefolge machen sich auf die lange Reise von der Toskana bis nach Innsbruck. Es ist ein Brautzug im großen Stil: Claudia verzichtet nicht auf ihre Annehmlichkeiten und trifft mit vierzig Wagen an Kleidern, Möbeln, Wandteppichen und Gemälden auf Schloss Ambras ein. Die Ehe erweist sich als fruchtbar und kinderreich. 1627 bringt Claudia die erste Tochter zur Welt, die sehr früh verstirbt; 1628 wird der Thronerbe Ferdinand Karl geboren, ein Jahr später Isabella Klara und 1630 Sigismund Franz. Die letzte Tochter, Maria Leopoldine, kommt 1632.
Claudia de’ Medici bringt frischen Wind an den „kalten“ Innsbrucker Hof: Sie organisiert gesellschaftliche Anlässe, Theater- und Musikaufführungen, kümmert sich um die Restaurierung, die Einrichtung und den Ausbau der Wohnräume sowie um die Sicherheit in der Stadt.
1632 verstirbt Leopold V. und Claudia ist wieder Witwe. Laut letztem Willen ihres Gatten erhält sie die Mitvormundschaft der Kinder; 1633 gewährt ihr Kaiser Ferdinand II. die Regentschaft über Tirol bis zur Volljährigkeit des Erstgeborenen. Die Erzherzogin regiert das Land mit Weisheit und politischem Geschick, lässt Festungen errichten, baut die Landesverteidigung aus und verfolgt wirtschaftliche Belange. Eine besonders wichtige wirtschaftliche Maßnahme ist der Erlass der Privilegien für die Stadt Bozen, welche die Abwicklung der internationalen Jahresmärkte, das Wechselrecht und vor allem die Gründung des Merkantilmagistrats regeln. Dank der strategischen Lage ist Bozen seit dem Mittelalter ein anerkannter Handelsplatz. Seit 1202 finden hier Jahresmärkte statt, die den Handelsaustausch zwischen dem deutschsprachigen und dem italienischsprachigen Raum ermöglichen. Zwischen Kaufleuten aufkommende Streitigkeiten werden anfangs vor den Bezirksrichter gebracht. Bereits ab 1609 sind jedoch Gesuche von italienischen Kaufleuten um Ernennung eines in Handelssachen bewanderten Richters, der ihre Sprache beherrschen soll, belegt. Sie bleiben bis zur Regentschaft der italienischen Erzherzogin unerhört. 1626 wird eine Lösung vorgeschlagen, die die Händler jedoch nicht zu befriedigen vermag. Sobald Claudia Regentin Tirols wird, werden die Kaufleute wieder vorstellig. So wird 1633 ein zweisprachiges Sondergericht eingesetzt, doch aufgrund bürokratischer Hürden, des Dreißigjährigen Krieges und der Pest wird das Privileg erst am 15. September 1635 gedruckt.
Claudia verstirbt 1648 im Alter von 44 Jahren in Innsbruck, nachdem sie 15 Jahre lang mit großer Weitsicht und festem Willen regiert hat. Sie hinterlässt Bozen ein wichtiges Erbe: das Privileg und den Merkantilmagistrat, der bis zur Gründung der Handelskammer Bozen im Jahr 1851 noch einige Änderungen erfahren wird.